Update: Untold Stories wurde wegen des grossen Erfolgs nochmals verlängert. Nun bis 27.09.2020 in Düsseldorf zu sehen.
Zu Besuch im Kunstpalast. Sonntag, 7. März 2020. Wir besuchen den Kunstpalast, um „Untold Stories„, die erste und zugleich letzte von Peter Lindbergh himself kuratierte Ausstellung in Düsseldorf zu besuchen.
Nachdem es uns in der Woche nach unserem Ausstellungsbesuch -terminlich bedingt- nicht gelungen war, über „Untold Stories“ zu berichten, hatten wir erst überlegt, während der langen Corona-Schliessung über die Ausstellung zu berichten. Doch wir haben uns dagegen entschieden und haben diesen Blogbeitrag so lange zurückgehalten, bis endlich feststand, dass die Pforten wieder geöffnet werden können. Morgen ist es nun soweit: Der Kunstpalast öffnet wieder und somit auch „Untold Stories“.
Während zu Beginn der Corona-Schliessungen noch alles danach aussah, als wären Verlängerungen bestehender Ausstellungen nicht möglich, so scheinen die Verantwortlichen in den Museen und Ausstellungshallen zwischenzeitlich identifiziert zu haben, dass wir alle in einem Boot sitzen.
Wanderausstellung
Unmittelbar nach dem Abbau von „Untold Stories“ in Düsseldorf, stand zuerst Hamburg (Museum für Kunst und Gewerbe), dann im Herbst das Hessische Landesmuseum in Darmstadt und im Frühjahr 2021 dann das Madre in Neapel auf dem Programm. Doch jetzt scheint sich das Blatt iun der Kunstszene langsam zu wenden. Hinter vorgehaltener Hand werden vielerorts zwei Optionen diskutiert: Verschiebung aller Termine um das Zeitfenster, in dem alle Ausstellungen landesweit geschlossen waren und alternativ bei Wanderausstellungen: Einen Veranstaltungsort auslassen und dafür hinten wieder dranhängen. Gobal betrachtet und im Interesse aller Galerien und Museen dürfte es sein, Option 1 zu ziehen. Denn dann kann eigentlich alles so bleiben, wie es ist… und die Corona-Pause ist nichts anderes, als ein „verlängertes Wochenende“…
Doch noch steht das nicht fest. Darum enthalten wir uns der Spekulationen und weisen nur darauf hin, dass das Management der Kunstpalast sicherlich alles Mögliche in Bewegung setzen wird, um die ausgefallenen Ausstellungstage entweder hintendran oder auf einen anderen Termin schieben kann. Bis dahin gilt: Bis zum 1. Juni 2020 ist „Untold Stories“ ganz sicher in Düsseldorf. Und wer auf Nummer sicher gehen will, der sollte die begrenzte Anzahl an Tagen nutzen.
25 Tage
Vom 5. Mai (Wiedereröffnungstag) bis zum 1. Juni sollte (wenn alles nach Plan läuft und es keine neue Quarantänemassnahmen gibt) der Kunstpalast nun recht sicher „Untold Stories“ zeigen dürfen. Zieht man die Montage (Ruhetage) ab und rechnet den Pfingstmontag wieder hinzu, kommt man auf 25 verbleibende Ausstellungstage. [Hinweis der Redaktion: Zwischenzeitlich wurde die Ausstellung verlängert bis zum 12.07.2020].
Besucherandrang vorprogrammiert
Schon vor Corona waren die Besucherzahlen von „Untold Stories“ rekordverdächtig. An den Wochenenden gab es samstags und sonntags schon Schlangen vor Türe, lange bevor diese um 10 Uhr überhaupt eröffnet wurden. Rund 8.000 Besucher an einem Wochenende waren keine Seltenheit. Und schon vor Corona musste der Einlass immer wieder zeitweise geschlossen werden, damit es überhaupt möglich blieb, die Bilder des verstorbenen Grossmeisters gebührend betrachten zu können. Jetzt, mit vermutlich strengeren Auflagen und möglicherweise einem abgesteckten Parcour durch die Ausstellung, dürften diese Besucherzahlen kaum mehr möglich sein. Wer sicher reinkommen will, ist vermutlich gut beraten, auf die weniger stark frequentierten Wochentage auszuweichen.
Zurück zur Ausstellung
Gehen wir also einen Schritt zurück. Als Dr. Felix Krämer im Oktober 2017 Generaldirektor und Künstlerischer Leiter der Stiftung Museum Kunstpalast wird, sagt er noch recht sachlich „Die Aufgabe ist eine großartige Herausforderung, die ich mit Begeisterung annehme. Wie kaum ein anderes Haus bietet das Museum Kunstpalast mit seiner vielseitigen Sammlung spannende Möglichkeiten, Kunst- und Kulturgeschichte neu zu entdecken. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen am Haus und – auch ganz persönlich – auf die Kunststadt Düsseldorf.“ 2017 lässt er verlauten, dass er die veraltete Website modernisieren und mit mehr Inhalten versehen will. Viel mehr nicht.
Schon ein Jahr später informiert er, dass er die Position des Kunstpalastes stärken möchte. Dass er den Kunstpalast exklusiver und zugleich für eine größere Zielgruppe attraktiver machen möchte, folgt nur wenige Monate später. Besonders jüngere Besucher will er anlocken.
Die Ausstellung
Die Ausstellungsfläche von „Untold Stories“ ist kleiner, als zuletzt in München oder Rotterdam. Sie nimmt im ersten Obergeschoss einen Flügel des Kunstpalastes ein. Doch anders als viele andere Künstler hat Peter Lindbergh himself dafür gesorgt, dass seine Kunstwerke nicht nur brav in Reih und Glied nebeneinander hängen. Im Gegenteil: In zwei Räumen sind die Wände nicht mehr zu sehen, weil seine Fotos lückenlos bis kurz unter die wirklich beeindruckend hohe Decke gedruckt wurden. Fototapete hat man dazu in den 70er Jahren gesagt, wenn eine Wand mit der untergehenden Sonne am Sandstrand bedruckt bzw. beklebt war.
Hier ist es anders: Bei seiner ersten und zugleich letzten von ihm selbst kuratierten Ausstellung hat Peter Lindbergh dafür gesorgt, dass der Betrachter dieser Ausstellung von seinen Bildern regelrecht aufgesaugt wird. Die überwiegend in schwarzweiss gezeigten Bilder erdrücken den Betrachter mitunter und ziehen die Blicke magisch auf jedes einzelne Motiv. Nicht selten bleiben die Besucher vor den Motiven stehen und staunen – minutenlang.
Peoplefotografie
Was Lindbergh so besonders gemacht hat, war sein Umgang mit Menschen. Ob Star oder Sternchen, Celebrity oder „ganz normales Model“, Peter hat sie alle respektiert und genau das sieht man der Ausstellung an. Grossartig inszenierte Fotos zeigen Menschen in allen Lebenslagen. Und für jeden -selbst für ganz große Lindbergh-Fans- gibt es hier Neues zu entdecken. Untold Stories eben. Der kleine Ausstellungskatalog (ein Faltblatt), welches jeder Besucher am Eingang erhält, zeigt die Motive in klein und nennt die abgebildeten Personen. Ein kleiner und sehr praktischer Pocketguide.
Fotokunstwerke ganz ohne Menschen darauf, muss man wirklich suchen. Uns in Erinnerung geblieben ist besonders ein Foto – in Farbe: Es zeigt einen reichlich gedeckten Tisch mit edlen Zutaten: Wein, Öl, Obst, Wasser, edle Meeresfrüchte… Doch es ist ein einfacher Tisch. Nichts pompöses, sondern etwas bodenständiges. Gleich daneben folgt dann die Auflösung: Das gleiche Bild, in anderer Perspektive zeigt den gleichen Tisch in schwarzweiss. Weltbekannte Models sitzen nun um diesen Tisch herum und genießen die Speisen – inmitten eines Hinterhofs. Einem Hafengelände von Brooklyn. Das zeigen die Bilder darüber.
Ist das nicht wunderbar? Ein einziges Bild in schwarzweiss läd den Betrachter dazu ein, eine Lindbergh’sche Photostory selbst zu entdecken… Storytelling pur… Und da ist er wieder… der Kontrast, den Lindbergh liebte. Rauer Beton, zarte Haut, blanker Stahl, edler Fisch…
Der Darkroom
Hinter der „klassischen Ausstellung“ führt eine kleine Tür in eine Art „Séparée“. In einer Videoinstallation zeigt der Kunstpalast hier den Film „Testament“, den Lindbergh höchst persönlich 2014 in den Vereinigten Staaten aufgezeichnet hat. 2014 war Lindbergh für eine halbe Stunde in der Todeszelle eines Gefängnisses und hat einen Todeskandidaten gefilmt. Ein Stummfilm, der die Taten des zu Tode verurteilten bewusst ausblendet, aber die Betrachter für einen Moment aus der Beautywelt herausholt, die die Ausstellung dominieren. Ein zweites Séparée zeigt dann Portraits des Todeskandidaten. Bedrückend. Und es ist eine Wohltat nach dem Darkroom noch einmal die Hauptausstellung zu genießen.
Must see
„Untold Stories“ ist eine Ausstellung, die bewegt. Sie weckt Erinnerungen an den Altmeister. An seinen Film „Women’s Stories“ und vor allem seine weltbekannten Publikationen. Sie ist ein „Must see“ für alle Fans von Peoplefotografie in schwarzweiss. Fotokunstwerke aus mehr als 40 Jahren sind hier zusammengetragen. Eine einmalige Zusammenstellung.
Kritik
Bei allem Lob, das wir gerne weitergeben, gibt es auch zwei Kritikpunkte, die uns ins Auge gefallen sind:
- Die in den beiden Mittelgängen gezeigten Kunstwerke werden einheitlich in dunklen Holzrahmen präsentiert. Der einheitliche Look der Rahmen passt perfekt zum Stil der Ausstellung. Dass das Glas der Bilder aber derart spiegelt, hat uns für eine Ausstellung dieses Kalibers nicht gefallen. Entspiegeltes Glas wäre hier eine echte Bereicherung.
- Der „Ausstellungskatalog“ aus dem sonst sehr hochwertig arbeitenden Taschen-Verlag wird leider seiner Bezeichnung („Ausstellungskatalog“) gerecht. So hochwertig die Fotokunstwerke Lindbergh’s sind, so niedrig ist (leider!) die Qualität des Katalogs, der mit seinem Preis von 60 EUR eher auf ein hochwertiges Fotobuch schließen lässt. Doch viele (deutlich unbekanntere) Fotografen schaffen es, für das gleiche Geld qualitativ deutlich hochwertigere Bildbände zu produzieren – ohne die Chance, echte Skaleneffekte zu realisieren. Für diesen Preis und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieser Katalog mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein echter Blockbuster unter den Bildbänden wird, hätten wir uns in Druckqualität und Papierqualität ein deutliches Plus erwartet. Schade. Dafür ist das im Buch enthaltene Interview zwischen Dr. Felix Krämer und Peter Lindbergh spannend…
Der Eintritt kostet 10 EUR. Für Besitzer eines Presseausweises ist der Eintritt frei. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Eintritt ebenfalls frei. – Doch diese Ausstellung ist eh jeden Cent wert. Selten zeigen Ausstellungen so viele überwältigend große Fotografien.
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