Zu ihren Künstlern pflegt die SWAN Redaktion -wann immer möglich- eine enge Beziehung. Oft viele Monate nach der Veröffentlichung eines Interviews im Printmagazin folgt der Blogbeitrag des Künstlers. Und nicht selten gibt es dann schon wieder so viele Neuigkeiten, dass sich ein Austausch einfach lohnt. Für beide Seiten.

Ein solcher Austausch findet seit einigen Monaten immer wieder zwischen Hans-Jürgen Oertelt und der SWAN Redaktion statt. Mal kurz und bündig, mal etwas ausführlicher. Zuletzt hatte Hans-Jürgen (Künstler der Ausgabe 06) uns davon berichtet, dass er nach One gerne kleinere Veröffentlichungen machen möchte. Gemeinsam hatten wir beraten und ihm empfohlen, über eine Serie aus Coffee Table Books nachzudenken.

Was ist das? Ein Coffee Table Book?

Wer diesen Begriff googelt, wird zwangsläufig über den Wikipedia-Eintrag stolpern, der behauptet, bei Coffee-Table-Books handele es sich grundsätzlich um grossformatige Bildbände mit aufwändig produzierten Fotografien. Wie dem auch sei: Hans-Jürgen Oertelt und die SWAN Redaktion bewerten den Begriff anders. Wir betrachten Coffee Table Books in erster Linie als kleine Werkschauen und grenzen diese deutlich von aufwändig produzierten Bildbänden ab. Es geht ja darum, schnell etwas auf dem Kaffeetisch auslegen zu können – womit wir wiederum Einigkeit mit Wikipedia besitzen. Auch die Einschätzung, dass Coffee Table Books über wenig Text verfügen, entspricht vollends unserer Auffassung. Ergo: Das SWAN Magazine ist kein Coffee Table Book.

Jedoch das, was uns nun per Post erreichte, ist in unseren Augen genau das: Eine kleine Werkschau von Hans-Jürgen Oertelt. In einem der Telefonate hatte er angekündigt, als Erstlingswerk einer ganzen Serie „The Corsica Moods“ aufzulegen. Der umfangreiche Bildband zeigt Zoe und (ausser auf dem letzten Bild einmal verschwommen den Künstler selbst) auch niemand anderes als Zoe Meyer-Brandt. Eine Monographie also.

The Corsica Moods

Hinsichtlich der Textlängen hält sich Hans-Jürgen exakt an die „Vorgaben von Wikipedia“. Statt langem Editorial oder Erläuterungen zu den einzelnen Bildstrecken hält Hans-Jürgen es kurz und knapp: Nicht länger als eine Strophe von einem Gedicht (sie reimt sich aber nicht) ist der einleitende Text. Und ausser einem Mini-Impressum auf der letzten Seite gibt es im Innenteil nur Kapiteltrennseiten mit Buchstaben. „Day 1″ bis Day 8“ steht darauf. Sonst nichts. – Kürzer kann man den Text kaum halten.

Zeit also, sich mit dem eigentlichen Inhalt auseinanderzusetzen: Den Fotokunstwerken. „The Corsica Moods“ ist eine Bildstrecke, die an acht Tagen mit Zoe auf der wunderschönen Insel Korsika entstanden ist. Verschiedene modische Outfits, angefangen beim langen Mantel über ein Kleid bis hin zu Bademode, illustrieren den Bildband mit der reifen Dame. Die Motive sind so abwechslungsreich, wie in One. Mit diesen Fotokunstwerken beweist Hans-Jürgen Oertelt, dass er zu den Altmeistern der Fotografie gehört. Wie in „One“ ist The Corsica Moods niemals langweilig und strotzt nur so vor Abwechslung. The Corsica Moods ist nicht nur ein Bildband, den man auf den Kaffeetisch legen kann, sondern hat ein wenig von einem Modelbook. Auch wenn sich einzelne Posen wiederholen, ist durch wechselnde Kleidung und unterschiedliche Hintergrundkulissen Abwechslung garantiert. Der Mix aus Model – Insel – Fashion reicht aus. Kleine Gassen sind zu sehen, genauso wie Lindbergh-typische Strandshots. Selbst ein unscharfes Portrait traut sich Hans-Jürgen hier zu zeigen, weil die Stimmung des Bildes so einmalig ist. Korsika bietet reichlich Photospots. Und obwohl die beiden auf eine Visa oder umfangreiche Stilwechsel verzichten, vermittelt das Buch eine wunderbare Stimmung der Vertrautheit zwischen Model und Fotograf. Das macht Lust auf mehr.

Inspiration für Models und Fotografen

The Corsica Moods ist ein Coffee Table Book, das zum Stöbern zwischendurch einläd. Ohne lange nachzudenken, bekommt man jede Menge Shootingideen gereicht. „Man“ – gemeint sind damit Fotografinnen und Fotografen, sowie Fotomodelle. Selbst nackte Haut und eine Ziege an der Seite von Zoe arbeiten gezielt gegen die Langeweile. Im Gegenteil: The Corsica Moods überrascht immer wieder.

Doch das Paket von Hans-Jürgen, welches die SWAN Redaktion erreichte, beinhaltete noch mehr: Ein zweites Coffee Table Book in gleicher Grösse, identischer Haptik und ebenfalls mit Hardcover. Selbst das Bildformat auf dem Einband, die Schriftart und die Schriftgrösse sind identisch. Nur der Titel des zweiten Werks ist anders: Three days in Budapest.

Three days ins Budapest

Dass Regeln dazu da sind, sie zu brechen, beweist Hans-Jürgen schon im Editorial. Wo bei „The Corsica Moods“ noch eine Strophe stand, stehen nun zwei fette Absätze Text. Und damit nicht genug: Statt einem Editorial gibt es gleich zwei: Eins auf deutsch und eins auf englisch. Gut, eine ganze Seite Text ist das immer noch nicht, aber im direkten Vergleich fällt diese Veränderung dann doch am meisten auf. Identisch sind auch die Trennblätter: Wieder unterteilen Trennblätter, die nichts weiter beinhalten, als den Shootingtag, das Buch in Kapitel. Während Hans-Jürgen mit Zoe insgesamt acht Tage auf Korsika verbracht und geshootet hat, waren es mit Dorka Banki in Budapest nur drei. Demzufolge gibt es nur „Day 1“ bis „Day 3“. Zum Ausgleich nutzt Hans-Jürgen dieses Mal auch blütenweise leere Blätter, um den Betrachter im „Lesefluss“ zu bremsen.

Drei Tage versus acht Tage? Das hört sich danach an, als wäre „Three days in Budapest“ weniger umfangreich oder weniger abwechslungsreich. Doch weit gefehlt. Beide Coffee Table Books sind mit 650 Gramm (Zoe) und 600 Gramm (Dorka) und 2,2 vs 2,1 cm Dicke nahezu identisch von den Eckdaten.

Qualitative Unterschiede

Nicht identisch ist jedoch die Bildqualität, äh besser gesagt die Druckqualität. Einzeln betrachtet ist „The Corsica Moods“ ein hochwertiges Produkt. Doch im direkten Vergleich zu „Three days in Budapest“ gewinnt das Buch mit Dorka deutlich durch eine andere Druckqualität. Das hat auch Hans-Jürgen selbst entdeckt und schreibt in seinem Begleitbrief an die SWAN Redaktion:

„Ich habe mal ein wenig getestet. „The Corsica Moods“ ist in reinem SW-Druck entstanden und „Three days in Budapest“ ist im 4-Farbdruck entstanden. Alle beide im Digitaldruck bei kleiner Auflage. Der Herstellungspreis ist bei 4C höher, dafür habe ich aber den tieferen Druck und wesentlich mehr Kontrast.“

Da müssen wir Hans-Jürgen uneingeschränkt Recht geben! Das Coffee Table Book mit Zoe ist zwar nicht (wie er weiter schreibt) „alles zu flau“ (denn auch in der Schwarz-Weiss-Fotografie gibt es bekanntlich nicht nur Künstler, die blütenreines weiss und tiefes Nachtschwarz bevorzugen, sondern auch diejenigen, die lieber in sanften Grautönen schwelgen und beide Extreme tunlichst vermeiden. Doch im direkten Vergleich beider Bücher ist der Unterschied schnell erfasst: Three days in Budapest rockt farblich mehr. Der Digitaldruck in Kleinstserie zahlt sich hier natürlich aus: Denn wenn Hans-Jürgen nachdruckt, wird er „The Corsica Moods“ garantiert auch in 4C nachdrucken, um diesen kleinen Unterschied auszugleichen. Dann wird die Erstauflage natürlich zu einem begehrten Sammlerobjekt…

Die Bildqualität im Sinne der fotografischen und künstlerischen Qualität beider Coffee Table Books ist hingegen auf gleichwertigem und vor allem exzellentem Niveau. Hier gibt es nichts zu meckern. Nur der Druck ist eben unterschiedlich ausgefallen – was klar macht, warum es wichtig ist, Fotos nicht nur für Social Media und andere digitale Anwendungen zu produzieren, sondern wirklich zu Papier zu bringen. Beim Scrollen durch einen Social Media Feed würden solche Unterschiede wohl kaum auffallen.

Fazit

Hans-Jürgen Oertelt liefert hier zwei Coffee Table Books, die eine Nische besetzen. Eine Nische, wie zuletzt „Selected Works“ von Vincent Peters. Das DIN A5 Format überrascht einfach und weckt die Neugierde schon vor dem Aufschlagen. So konzeptionell ähnlich beide Bücher auch sind, desto schwerer fällt es am Ende einen klaren Favoriten zu identifizieren. Beide Models sind grundverschieden und werden sicherlich die Prioritäten beim Betrachter verschieben. Berücksichtigt man zudem, dass die Shootings mit Zoe eher nebenbei stattgefunden haben und dabei weder Visagistin noch Stylistin zugegen waren, so beweist „The Corsica Moods“ vor allem eins: Für eine spannende Photostory benötigt man kein Profimodel.

Das Buch mit Dorka liefert einen ganz anderen Beweis: Mit einem Vollblutmodel an der Seite lassen sich in kurzer Zeit erstaunlich viele Posen vor spannender Kulisse shooten. Dorka brilliert mit Wandlungsfähigkeit und unzähligen Modestyles. Nur wenigen Models stehen so unterschiedliche Styles so unheimlich gut. Sie spielt mit „Sexappeal, Charme und Melone“ und wechselt die Modestyles und Frisuren, wie kaum jemand anderes in nur drei Tagen. Dies ist -nicht zuletzt- ihrer statuenhaften Figur und auch ihrer Körperbeherrschung zu verdanken.

Auch wenn Dorka weniger nackte Haut zeigt, gelingt ihr der Spagat zwischen Fashion und Sexappeal, zwischen Streetstyle und Rockerimage und genauso zwischen elegant und High Fashion.

Doch eine Manöverkritik muss auch zu „Three days in Budapest“ sein: Selbst Wikipedia sagt nicht, dass man in Coffee Table Books unbedingt die Kameraausstattung zeigen muss, mit der die Bilder entstanden sind. Nicht vorne, nicht im Editorial und nicht im Abspann. Unser Tipp: Weglassen beim nächsten Coffee Table Book! Auch wenn es beeindruckend ist, dass alle Bilder mit ein und der gleichen Kamera-Objektiv-Kombination entstanden sind.

Weiter geht’s

Und auf das nächste Coffee Table Book aus dem Hause des Lindbergh-Fans freuen wir uns schon jetzt sehr. Spätestens mit dem dritten Buch in gleichem Format und Style entsteht nämlich eine schöne Sammleredition, die in keiner Vitrine fehlen sollte. Zuversichtlich stimmt, was Hans-Jürgen in seinem Begleitbrief schreibt: „In dieser 4C-Version werden dann noch weitere Bildbände entstehen.“ Nicht „Bildbände“, sondern „Coffee Table Books“, Hans-Jürgen… 😉 Denn einen richtig grossen neuen Bildband willst Du ja auch noch erstellen…

Du bist neugierig geworden? Sehr gut! Dann empfehlen wir bei Interesse eine Kontaktaufnahme mit Hans-Jürgen Oertelt. In seinem Shop ist nicht nur das unerreichte „One“ weiterhin verfügbar, sondern auch „The Corsica Moods“ und „Three days in Budapest„.

Zusammenfassend und in aller Kürze

Unser Fazit in aller Kürze: Gratulation, Hans-Jürgen! Ein Konzept, das Freude auf die Neuauflagen macht und ganz sicher Nachahmer auf die Agenda rufen wird!

Hinweis: Alle hier gezeigten Bilder wurden uns von Hans-Jürgen zur Verfügung gestellt. Keins der hier gezeigten Motive ist in beiden Büchern enthalten,; sie alle stammen aber aus den Shootings in Budapest und auf Korsika. Insofern lohnt sich der Kauf wirklich – denn hier können wir nur Neugierde wecken…

Unser Tipp

Mit einem Einzelpreis von nur 20 EUR sind beide Coffee Table Books ihr Geld mehr als Wert. Unser Tipp: Wer One noch nicht besitzt, schreibt Hans-Jürgen eine E-Mail und fragt nach einem Sonderpreis für alle drei Publikationen zusammen… dann ist jeder Cent doppelt gut angelegt. Versprochen!