Five artists: Pascal Uehli ist einer von fünf Künstlern in der Ausgabe 03 des SWAN Magazines. Zusammen mit Guido Karp, Norman Ganschow, Olivia Pulver und Markus Schänzle zeigt er seine Art der Peoplefotografie. Besonders markant an seinen Arbeiten ist, dass Pascal nur selten eng beschnittene Portraits zeigt. Die Hintergründe und Umgebungen nehmen so Raum auf seinen Bildern ein – aber sie schemenhaft zu erahnen, da Pascal mit der Blende aktiv arbeitet.
Speziell für diesen Blog haben wir ein paar zusätzliche Fragen an Pascal gerichtet, die das Interview in der Printausgabe um einige Zusatzinformationen ergänzen.
SWAN Magazine: Pascal, viele Fotografen bevorzugen junge Damen als Models. Nicht, dass Du auf junge Models verzichtest, aber bei Dir sieht man dennoch durchaus aus ältere und vor allem männliche Models. Was macht den Reiz für Dich aus, mit Menschen oberhalb von 40 Jahren zusammenzuarbeiten?
Pascal Uehli: Mir geht es bei einer Foto-Session nicht nur um das Fotografieren. Es ist mir ebenso wichtig, den Menschen kennenzulernen. Junge Menschen sind aufstrebend und wollen zeigen was sie können. Das ist toll, da man als Fotograf selber vorangetrieben wird. Bei älteren Personen ist es die Konstante, die Erfahrenheit und die Ruhe, die das Fotografieren mit sich bringt. Absolut das Gegenteil im Vergleich zu den jüngeren Models.
Für mich gibt es aber kein: „Ich mach das lieber.“ Es ist mehr die Abwechslung, die den Reiz ausmacht, mit so unterschiedlichen Altersgruppen und Geschlechtern zu arbeiten. Am Ende einer Foto-Session steht der Mensch bei mir im Vordergrund.
SWAN Magazine: Deine Fotokunstwerke sind sehr intensive Portraits. Und doch schauen nur die wenigsten Deiner Models direkt in die Kamera. Viele wirken so in ihre Umgebung vertieft, als hättest Du sie eher zufällig fotografiert. Wie schaffst Du diese Atmosphäre? Fotografierst Du während Deine Models gedankenversunken durch die Szene laufen?
Pascal Uehli: Die Zusammenarbeit mit einem Menschen beginnt bei mir schon lange vor dem ersten Bild. Auch wenn ich nur eine Stunde Zeit habe das Bildmaterial zu erstellen, nehme ich mir erst einmal Zeit und rede mit der Person. Ich möchte damit eine Atmosphäre schaffen, bei der man sich wohlfühlt.
Ich lasse die Models bei einer Foto-Session auch „sein“. Einfach so wie sie sind. Am liebsten ist es mir, wenn sie sich so verhalten, als wenn ich nicht da wäre. Sehr oft sind es die „Bilder zwischen den Bildern“, die meine Arbeit ausmachen.
SWAN Magazine: Du bist viel auf Reisen. Deine Reisen nutzt Du auch dazu, vor Ort Shootings durchzuführen. „The world is my studio“ könnte man sagen. Doch wie findest Du in fremden (nicht deutsch-sprachigen) Ländern geeignete Models?
Pascal Uehli: Das Reisen ist eine große Leidenschaft von mir. Wenn ich in einem fremden Land bin, dann will ich mit den Personen vor Ort in Kontakt kommen. Und ich möchte etwas über die Region und die Menschen dort erfahren. Da ist die Fotografie das perfekte Bindeglied.
Ich plane weit im Voraus. Dank digitaler Medien kommt man heutzutage schneller mit anderen Menschen in Kontakt als früher. Ein großer Vorteil! Doch tatsächlich gehe ich überwiegend den traditionellen Weg über die Modelagenturen, wo ich eine Kontaktperson habe, die mir bei der Koordination von Models behilflich ist.
SWAN Magazine: Reden wir über Fotostudios. Du betreibst Dein eigenes Fotostudio und führst dort auch Workshops durch. Ist ein eigenes Studio auf die Dauer nicht langweilig? Also lohnt die Investition?
Pascal Uehli: Ein Fotostudio ist ein Ort der Kreativität. Klar, die Wände, die Decke, die Fenster sind vordefiniert. Und doch bietet es viele Möglichkeiten und jedes Mal ist irgendetwas anders. Ich arbeite ja nur selten mit dem gleichen Lichtset über mehrere Sessions hinweg.
Dort setzen übrigens auch meine BeInspired Workshops an. Da möchte ich den Teilnehmern zeigen, wie viele Möglichkeiten wir haben und was wir mit Licht alles gestalten können. Vom Tages- bis zum Studiolicht haben wir schier unendlich viele Lichtsituationen. Und es lohnt sich, diese kennenzulernen und auch selbst einsetzten zu können.
Natürlich stellt sich dennoch die Frage der Rentabilität. Ich habe das so gelöst: Ich biete insgesamt vier Fotografen mein Fotostudio zur Untermiete an. Und das zu einem sehr fairen Preis. Da ich regelmäßig unterwegs bin, nutze ich mein Studio eh nicht täglich. So haben vier andere tolle Fotografen die Möglichkeit das Studio zu nutzen.
SWAN Magazine: Nachdem vor einigen Jahren immer mehr Fotostudios geschlossen haben, sprießen jetzt immer mehr Studios aus dem Boden. Sie haben einen eher loftartigen Style oder gleichen spannend eingerichteten Wohnungen. Mit dem klassischen (eher sterilen) Fotostudiolook haben sie nichts zu tun. Sie vermitteln eine private Atmosphäre. Nutzt Du solche Studios? Und wenn ja, welches ist Dein Favorit?
Pascal Uehli: Das ist mir nicht entgangen und ich finde diesen Trend gut. Denn diese Studios bieten den Fotografen die Gelegenheit auch bei schlechtem Wetter eine tolle Location zu nützen, die nicht so steril wirkt. Mein älteres Fotostudio in Dietikon (Zürich) ist noch eher einfach gehalten. Aber auch dort gibt es Elemente, die in diese Richtung gehen. Mein Lieblingsgadget ist ein uralter Tisch, den ich 15 Jahre lang im Keller stehen hatte und der jetzt immer wieder zur Einsatz kommt. Die leicht abgenützte Optik passt perfekt zu meinen Fotos.
Das zweite und neue Fotostudio in Embrach (ebenfalls bei Zürich gelegen) bietet mir deutlich mehr Möglichkeiten. Dort wird es nach wie vor diesen klassischen Studiobereich geben. Aber im zweiten Studioraum entsteht ein „heimisches“ Studio, welches sich durch helle und dunkle Elemente sehr gut für schwarz-weiss Aufnahmen eignet.
SWAN Magazine: In Deinem Interview in der Printausgabe des SWAN Magazines hast Du über Dein Buchprojekt „Natural Beauty“ berichtet und an anderer Stelle verraten, dass Du bestimmte Fotokunstwerke nicht auf Facebook oder Instagram teilen möchtest. Diese möchtest Du lieber exklusiv halten. Liegen wir richtig, wenn wir vermuten, dass man in Deinem Buch „NATURAL BEAUTY“ ausschließlich bisher unveröffentlichte Fotos zu sehen bekommen wird?
Pascal Uehli: Fotografie ist allgegenwärtig geworden. Jeder knipst irgendwas und stellt es online. Die Bilderflut ist enorm geworden. Die Arbeiten eines professionellen Fotografen kommen da nicht mehr richtig zur Geltung. Und deshalb hatte ich schon 2016 entschieden, einen Weg einzuschlagen, bei dem sich der Mensch die Zeit nimmt, um Fotokunstwerke mit Muße anzuschauen. Die Alternative zu online liegt auf der Hand: Offline-Medien. Denn auch ein Buch ist ein Medium. Auch wenn man das heutzutage kaum mehr glaubt…
Mein Buch NATURAL BEAUTY ist das erste von vielen Projekten, die ich hauptsächlich in einer traditionellen Form zeigen will. Das Bildmaterial ist mehrheitlich exklusiv. Aber nicht alles erscheint in meinen Büchern exklusiv. Denn irgendwo muss ja die Verbindung zwischen On- und Offline stattfinden.
Neben dem Bildband biete ich interessierten Personen zukünftig auch die Möglichkeit, meine Arbeiten in meiner „Gallery myndwork“ zu sehen und mich dabei persönlich kennenzulernen. Ich erreiche dadurch zwar nur einen Bruchteil der Menschen, die mir heute auf Social Media folgen, doch bin ich überzeugt damit die Leute anzusprechen, die sich wirklich für meine Kunst interessieren.
SWAN Magazine: Dein Buch soll im Spätsommer 2019 erscheinen. Zieht man die Sommerferien ab, so ist dies nicht mehr lange hin. Im Magazin hast Du berichtet, dass Du Dir zu den Vertriebswegen noch keine Gedanken gemacht hattest. Wie sieht das heute aus? Und: Könntest Du Dir einen Vertrieb auch über die Onlineshops anderer Fotografen (oder auch den des SWAN Magazines) vorstellen?
Pascal Uehli: NATURAL BEAUTY wird voraussichtlich im August lieferbar sein. Noch bin ich aber am Feinschliff dran. Vorbestellen kann man das Buch aber schon. Extra dafür hat meine Website einen neuen Look und auch einen Online-Shop erhalten. Als erster Schritt wird mein Online-Shop ausreichen. Doch zukünftig kann ich mir auch andere Vertriebskanäle vorstellen.
Je mehr ich mich mit dem Thema Fotobuch auseinandergesetzt habe, desto mehr ist mir aufgefallen, dass viele andere Fotografen eine ähnliche Idee verfolgen. Zwar gehen die Verkaufszahlen für Bücher stetig zurück, doch bei Bildbänder könnte ich mir vorstellen, dass sich eine Kehrtwende abzeichnet. Jeder, der seine Bilder schon mal in gedruckter Form in den Händen hielt, kennt den Unterschied. Und jeder weiß auch den Unterschied zwischen Display und Druck zu schätzen. Ich habe noch nie einen Fotografen kennengelernt, der sagte „gedruckte Bilder sind Quatsch“.
Erst kürzlich hatte ich mit einem der SWAN Magazine Gründer (Marco Gressler) über einen Vertriebskanal von Fotobüchern gesprochen. Zwar gibt es unzählige Print-on-Demand Plattformen bei denen das Fotobuch online verkauft werden kann. Der Herstellung und Bestellprozess ist auch in sich geschlossen. Doch ist man bei diesen Plattformen sehr oft an fixe Formate gebunden. Das wiederum engt die Gestaltung eines Bildbandes enorm ein. Ein Bildband muss genau so individuell sein, wie die Arbeit selbst! Deshalb wäre eine unabhängige Plattform zum Versand von unterschiedlichsten Fotobüchern spannend. Falls es sowas mal geben würde, wäre ich bestimmt daran interessiert.
SWAN Magazine: Im Hauptinterviewteil in der Ausgabe 03 hast Du verraten, dass Du mit Deiner Workshopserie „BeInspired“ planst, auch nach Deutschland zu kommen. Zwischenzeitlich stehen „Schweiz und Deutschland“ schon in der Headline Deiner Website. Wann können wir denn mit den ersten Workshops in Deutschland rechnen? Und überhaupt: Wie sieht es mit Österreich aus? Das liegt doch viel näher, als z.B. Düsseldorf oder Berlin.
Pascal Uehli: Jetzt kommt erst einmal der Sommer. Da geht sowieso nix. Ich hoffe dann während der Sommermonate die Pläne für den Herbst und den Winter bekanntgeben zu können. Das Gute am Fotostudio ist ja, dass man immer trockenes Wetter und Licht hat – egal welche Jahreszeit draußen vorherrscht.
Österreich ist bei mir leider im Moment nicht auf dem Plan. Ich kann zur Zeit nicht abschätzen, wie groß die Nachfrage ist. Natürlich kann man grundsätzlich immer mit mir Kontakt aufnehmen und wer weiß … vielleicht ergibt sich da was.
Wer sich aber für meine Workshops interessiert, der findet immer die aktuellste Ausschreibung auf www.beinspiredevents.ch. Zudem informiere ich interessierte Fotografen regelmäßig per Newsletter über Eventupdates, neue Blog-Beiträge und meine Gedanken.
SWAN Magazine: Du sagtest, dass Du mit Nikon, Canon, Leica, Fuji und vielen anderen Herstellern arbeiten könntest. Für Deine Fotokunst wären eigentlich nur die Objektive ausschlaggebend. Etwas überrascht waren wir, als Du sagtest, dass Deine Objektive alle f/1.8 haben. Gerade unter den Peoplefotografen scheint f/1.4 schon Pflicht zu sein, viele arbeiten sogar mit f/1.2 oder gar f/0.95. Was hat Dich zu f/1.8 gebracht? Das geringere Gewicht der Objektive?
Pascal Uehli: Ihr hattet eingangs festgestellt, dass ich sehr oft mit offenen Blenden fotografiere. Ja und nein! Ich liebe eine Blende um f/1.8 – wegen der tollen Tiefenwirkung und der Lichtstimmung, die ich vor allem schwarz-weiss spielerisch einsetzen kann. Aber genauso habt ihr festgestellt, dass ich gerne etwas mehr um die Person herum zeige. Das ist richtig, aber bei mir gilt: Unschärfe ja, Kontrast ja, Details ja, aber Matsch nein!
Ich mag die Tiefenunschärfe und möchte den Betrachter dennoch sehen lassen, was wir im Umfeld haben. Deshalb kommt oft eine Blende um f/4 zur Anwendung. Ein weiterer Grund, warum ich mit Blende f/4 arbeite, ist folgender: Ich arbeite gerne schnell. Dabei bewegen sich die Personen. Also das Model und ich. Da hätte ich bei einer Blende f/1.4 kaum ein einigermaßen scharfes Bild dabei.
Meine Bilder sind sonst schon nicht immer die schärfsten. Das ist übrigens etwas, was ich sehr mag und in meinen Augen auch das Foto ausmacht. Deshalb brauche ich kein Objekt mit Blende f/1.4. Und dass ein Objektiv mit Offenblende f/1.8 viel leichter ausfällt als die meisten Linsen mit f/1.4, das schätze ich wirklich.
SWAN Magazine: Danke Dir, Pascal. Wir drücken Dir für Dein Buchprojekt alle Daumen. Und wenn Du magst, schreiben wir auch gerne eine Rezension hier bei uns im Blog darüber, sobald es vorliegt. Das haben wir schon mit kleineren Publikationen wie Helmut Ruebs „Ein Jahr in elf Tagen“ oder auch großen Werken wie Russell James „Angels“ gemacht und darauf freuen sich unsere Leser immer wieder. Lass uns einfach in Kontakt bleiben. Wir freuen uns auf weitere spannende Projekte.