Five artists: Markus Schänzle ist einer von fünf Künstlern in der Ausgabe 03 des SWAN Magazines. Zusammen mit Guido Karp, Norman Ganschow, Olivia Pulver und Pascal Uehli zeigt und erklärt Markus, was Headshot-Fotografie ist. Markus arbeitet in seinem Fotografenalltag auf das eine (symphatischste) Portrait hin. Er kitzelt aus seinen Gästen besondere Momente heraus und verschafft ihnen so einen Wettbewerbsvorteil.
Speziell für diesen Blogbeitrag haben wir Markus ein paar zusätzliche Fragen gestellt, die Markus und seine Fotografie noch von ganz anderer Seite zeigen.

SWAN Magazine: Markus, schön dass wir in dieser schwierigen Corona-Zeit die Zeit finden, eine kleine Telefonkonferenz durchzuführen. Wie geht es Dir?
Markus Schänzle: Gut, danke. Meiner Familie und mir geht es gesundheitlich blendend. Die aktuellen Beschränkungen nerven uns natürlich sehr, aber wir kommen gut zurecht. Als Angestellter bin ich in der aktuellen Situation froh, nicht hauptberuflich selbständig zu sein. Das lässt mich ruhig schlafen.
SWAN Magazine: Ja, die Quarantäne-Zeit ist für viele unserer Künstler, aber auch für unsere Abonnenten und Fans eine herausfordernde Situation. Keine Frage. Doch heute wollen wir nicht über Corona sprechen. Davon findet jeder Leser genug in der Presse und auf Social Media. Social Media ist vielleicht ein gutes Stichwort. Da ist es zuletzt ruhig um Dich geworden. Was ist los?

Markus Schänzle: Nichts ist los. Im Gegenteil. Mich haben die ganzen Beiträge auf Social Media irgendwann gelangweilt. Wenn man ehrlich ist, ist doch gerade in unserem Fotografenkontext immer wieder der gleiche Fotostil zu sehen. Vor drei oder vier Jahren war es dieses leichte Weitwinkel-Portrait mitten auf einer Straße im Gegenlicht geschossen mit den Autos auf beiden Straßenseiten. Jetzt ist seit Monaten immer sehr viel nackte Haut und Tattoos überall. Mich hat das einfach gelangweilt.
Für mich habe ich dann festgestellt, dass mich Social Media doch recht viel Zeit kostet, ich daraus aber keinen echten Gewinn ziehen kann. Weder in Form von Umsätzen oder Buchungen, noch in Mehrwert für meine Arbeit als Fotograf.
Spannend fand ich auch, einmal sachlich zu analysieren, wo denn meine Aufträge und Buchungen herkamen. Und ich war sehr schnell bei der Erkenntnis angelangt, dass diese durch Mund-zu-Mund-Propaganda (also klassische Empfehlungen) oder aber über meine Website zu mir kamen. Und da gab es richtig spannende Aufträge.

Ich habe das ja auch eine Zeit lang gemacht, wie viele andere Fotografen auch: Mit dem Ziel, mein Portfolio breiter aufzustellen, habe ich auch TFP-Shootings gemacht. Doch als ich dann mit einem Model zusammengearbeitet hat, die wirklich wunderhübsch ist, aber zum Hochglanz-Titelmädchen retuschiert werden wollte, wurde mir schnell klar, dass ich mit TFP-Arbeiten nur weitere TFP-Shootings anlocke, diese vielleicht für mein Portfolio interessant sein können, aber ich vielfach auch Dinge gemacht habe, die ich als Fotograf gar nicht machen wollte.
Als ich dann aufgehört habe, ständig etwas Neues zu posten und immer wieder neue Stories auf Social Media hochzuladen, hat sich für mich eigentlich nicht viel geändert: Meine bezahlten Fotoaufträge kamen weiterhin und ich hatte mehr Zeit. So habe ich zum Beispiel viel in meinem Garten gemacht und echt ne Menge bewegt. Mehr sogar, als ich mir zugetraut hätte.
SWAN Magazine: Oh, da kann ich mitreden. Ich habe gerade 10 Tonnen Sand in der Einfahrt stehen, die im Garten verarbeitet werden müssen.
Markus Schänzle: Hör auf! Wenn ich das nur höre, bekomme ich sofort wieder Muskelkater… 😉
Aber so Gartenarbeit macht wirklich Sinn. Man sieht jeden Abend was man geschafft hat. Man bekommt die Likes in Form von grinsenden Gesichtern aus der Familie. Und die lachen doppelt. Denn wenn man nicht ganz ungeschickt ist, kann man soviel Geld sparen, wie man als Fotograf kaum in ähnlicher Zeit verdienen kann. – Was anderes: Hast du schon einmal so eine Rüttelplatte bedient?
SWAN Magazine: Nee, wieso?
Markus Schänzle: Ich hatte da so ein Erlebnis… als ich das Fundament für meine 16 Meter lange Gartenmauer gemacht habe, war ich ganz stolz, als ich die Maschine ans Laufen bekommen habe. Unter höchster Anstrengung habe ich den Trümmer dann durch die Grube geschoben. Dabei habe ich immer wieder gedacht: „Mensch, was ist das ein Scheissjob“. Am Ende der Grube angekommen, standen mir die Schweissperlen auf der Stirn. Doch dann musste ich das Gerät wenden. Bei meinen Überlegungen, wie ich das wohl am besten anstelle, habe ich dann einen kleinen Schalter entdeckt. Als ich den dann umgelegt hatte, lief das schwere Monster irgendwie wie von allein… 😉

SWAN Magazine: Und hast Du die Mauer dann auch selbständig fertiggestellt?
Markus Schänzle: Ja und wie. Das Schönste für mich war, als der Gartenbauer, der im Garten meines Nachbarn aktiv war und mir immer wieder belächelnd auf die Finger geschaut hatte, am Ende zu mir kam und sagte „Dafür, dass du sowas noch nie gemacht hast, sieht das richtig toll aus.“
SWAN Magazine: Nun lass uns aber doch nochmal auf das Thema Fotografie kommen. Im großen SWAN Interview in der Ausgabe 03 haben wir hauptsächlich über die Headshot-Fotografie gesprochen. Hast Du mit Deinen Kollegen aus der Headshot Crew darüber gesprochen?
Markus Schänzle: Also zuallererst war ich natürlich total begeistert, als ich die gedruckte Ausgabe dann endlich in der Hand hielt. Das ist ja schon etwas ganz anderes, als ein paar Bildchen auf Social Media. Hinzu kommt ja, dass es doch ein besonderer Moment ist, wenn man weiss, dass da ein Paket angekommen ist, in dem deine eigenen Bilder drin sind. Für mich war es auch interessant, die Headshots das erste mal in schwarzweiss gedruckt zu sehen. Klar, am Rechner hatte ich die vorher schon gesehen, aber gedruckt ist schon anders.

Ich war an dem Tag im Garten, als der Postbote kam. Ich hab mich mit dem SWAN Magazine erstmal hingesetzt und es durchgeblättert. So ganz in Ruhe von vorne bis hinten. Und da ich gar nicht wusste, wer noch mit mir in der Ausgabe 03 sein würde, war es umso spannender. Also ich war echt total begeistert, Teil einer solch tollen Ausgabe sein zu können.
Ich habe das Magazin dann ein paar Mal in meinen Social-Media-Stories gepostet und war echt überrascht. Gerade die Models fanden das Klasse. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass einer meiner Headshot-Kollegen darauf reagiert hätte. Dafür waren aber die Personen, die auf meinen Bildern abgebildet waren, einfach megastolz, als sie ihre Ausgabe in der Hand halten konnten. In so einem Fine Art Magazine abgedruckt zu sein, ist heutzutage nun echt etwas Einmaliges.
Auch dass mein Name da so in einer Reihe mit Guido Karp auf dem Titel aufgezählt wird, ist schon etwas, auf das ich auch ein bisschen stolz bin. Gerade bei den Fotos von Guido ging es mir so, dass ich zuerst internationale Stars und Sternchen gesehen habe und plötzlich kam dann mein Name und mein Portrait. Das hat schon was.

SWAN Magazine: Berichte doch mal aus Deiner Fotografen-Praxis. Was ist so mit die bemerkenswerteste Story, die Du als Fotograf erlebt hast?
Markus Schänzle: Oh, da habe ich was. Ich bekam eines Tages eine E-Mail auf englisch. Ein Name, der mir rein gar nichts sagte, fragte nach Headshot-Fotos. Die Mail war extrem kurz und damit wenig inhaltsreich. Sie endete so nach dem Motto: „Wenn ich auch Interesse an Headshots hätte, dann könnte ich ihn ja anrufen“. Danach folgte eine ewig lange Telefonnummer, aber keine Website oder ein Social Media Profil. Einfach nichts, aus dem ich irgendetwas erfahren konnte.
SWAN Magazine: Also Spam?
Markus Schänzle: Ja, das habe ich auch erst gedacht. Doch drei Tage später klingelte mein Handy. Er hätte mir eine E-Mail geschrieben und hätte Interesse an Headshots. Da habe ich ihm bestätigt, dass ich seine E-Mail bekommen habe; habe aber dazu gesagt, dass ich seine Mail für Spam gehalten habe. Gerade im Stuttgarter Raum bekomme ich keine Mails auf englisch. Nach meiner kurzen Erläuterung habe ich mich also brav entschuldigt, dass ich mich noch nicht zurückgemeldet habe. Für meinen Gesprächspartner war das alles kein Problem. Er hat mir erklärt, dass er ursprünglich aus den USA kommt und aufgrund des Begriffs „Headshot“ gedacht hatte, es wäre wohl besser, mich auf Englisch anzusprechen. In richtig gutem Deutsch hat er mir dann am Telefon seine persönliche Geschichte erzählt. Wann er nach Deutschland gezogen sei und was er mache. Und jetzt würde er sein erstes Buch rausbringen und dazu benötige er einen Headshot für das Cover.

SWAN Magazine: Du bist also auch Vogue-Cover-Fotograf?
Markus Schänzle: Ja, schön wär’s. Aber die Geschichte geht noch weiter. Wir haben dann einen Termin ausgemacht, zu dem er extra 400 km weit angefahren kam, nur um von mir fotografiert zu werden. Ich war bestens für unseren Termin um 16 Uhr vorbereitet und gegen 13 Uhr klingelt mein Handy, als ich noch in meinem Hauptjob aktiv war. Doch am Telefon war eine ganz andere Stimme. Also fragte ich vorsichtig „Entschuldigung, aber haben wir einen Termin, den ich vielleicht vergessen oder nicht eingetragen habe?“. Dann kam die Erklärung: Ja, er hätte schon einen Termin. Allerdings erst um 16 Uhr. Und sie seien gut durchgekommen. Und er wäre nur der Fahrer.
SWAN Magazine: Und dann hast Du die Beiden um drei Stunden vertröstet?
Markus Schänzle: Es blieb mir nichts anderes übrig, da ich Termine im Büro wahrnehmen musste. Aber für die beiden war das kein Problem. – Ich hingegen hatte aber ein total schlechtes Gewissen. Doch ich war pünktlich um 16 Uhr im Studio.

SWAN Magazine: Und dann habt ihr eine gute halbe Stunde fotografiert und dann sind die beiden wieder abgereist?
Markus Schänzle: Ja, in etwa. Mein Kunde war ein Schwarzer. Ein echt schüchterner Typ. Sehr gut beleibt und ein total lieber Mensch. Wir haben während des Shootings ein bisschen gequatscht und er berichtet von seinem Buch und seinem Verlag. Und als wir eigentlich fertig waren, berichtet er davon, dass er eigentlich eine total geniale Idee für sein Buchcover hätte, aber sein Verlag da ein wenig rumzickt und nicht so will, wie er sich das vorstellt.
SWAN Magazine: Klar, und das hat Deine Neugierde geweckt…
Markus Schänzle: Ja logisch. Also habe ich ihn mal erzählen lassen. In seiner Idee ging es um ein Buchcover, auf dem Bär abgebildet ist, der Honig stielt. Und ein Himmel müsste drauf sein, Sterne und die Sonne. Ein Polizist sollte einen Schwarzen verhaften. Die bekannte Brücke aus Manhattan sollte mit drauf sein und zusätzlich ein Krankenhaus und Tauben. Und natürlich der Headshot von ihm.
SWAN Magazine: Alles auf einem Titelbild für ein übliches Taschenbuch?
Markus Schänzle: Ja, so habe ich auch reagiert. Also habe ich ihm gesagt: „Du Jesse, ich habe noch nie ein Buchcover gemacht, aber ich schlage vor, ich probiere einfach mal. Und entweder es gefällt dir oder es gefällt dir nicht. Und wenn es dir nicht gefällt, dann lassen wir’s einfach. Ist doch kein Problem.“ Damit war er einverstanden.

SWAN Magazine: Was hast Du denn dann gemacht, als er mit Fahrer vom Hof gefahren ist? Hast Du da die nicht die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen?
Markus Schänzle: Ja klar. Ich habe mich selbst erst einmal für verrückt erklärt. Aber dann habe ich mir gesagt: Hey Markus, probiere es einfach mal. Mehr als verlieren kannst du doch eigentlich nicht!
SWAN Magazine: Und wie hast Du dann angefangen? Alle Einzelbilder in Photoshop als separate Ebenen übereinandergelegt und unterschiedlich hervorgehoben?
Markus Schänzle: Nee. Das war natürlich nicht so einfach. Gestartet bin ich dann mit der Idee von einem Fenster, das durch Sprossen in viele kleine Scheiben unterteilt ist. So konnte ich in jede Glasscheibe einen anderen Teil der seiner Geschichte setzen. Denn die Himmel, Sterne, Brücke, Tauben und so weiter waren allesamt Teile seiner Geschichte aus dem Buch. – Und diese Kollage hat meinem Kunden und seinem Verlag so gut gefallen , dass nun meine Kreation das Titelbild eines Buches ist.
SWAN Magazine: Aber den Headshot -also das Bild, wozu der Buchautor extra angereist gekommen war- habt ihr dann gar nicht eingesetzt oder war er Teil eines Fensters?
Markus Schänzle: Aus dem Headshot habe ich tatsächlich nur seine Augen für das Titelmotiv verwandt. Das lag daran, dass das Buch den Titel „My eyes are never closed“ heiss. Und es war natürlich wie immer: Wie viele Menschen, fand er sich selbst auf Fotos hässlich… da kam es ihm entgegen, dass ich ihn trotz tollem Headshot nur teilweise (also nur die Augen) auf dem Cover abgebildet habe. Aber im Buch selbst gibt es den Headshot auch komplett.

SWAN Magazine: Spannend! Aber ist es nicht schade, wenn solche Stories so plötzlich wieder weg sind, wie sie gekommen sind?
Markus Schänzle: Absolut! Doch der Oberhammer kam ja erst noch. Mein Kunde hatte irgendwelche Kontakte zu einem großen amerikanischen Magazin. Und den Headshot, den ich von ihm gemacht hatte, der kam dann auf die Titelseite dieses Magazins. Das musst du dir mal vorstellen. Da kommt mein Foto auf die Titelseite eines Magazins, wo sonst nur Menschen wie Brat Pitt abgebildet werden. Ist das nicht der Hammer?
SWAN Magazine: Wow! Gratulation. Das macht diese Geschichte ja dann wirklich rund. Und welches amerikanische Magazin ist das?
Markus Schänzle: Das Magazin heisst „Legend Men’s Magazine“, ist aber leider im deutschsprachigen Raum nicht erhältlich. Ich hab es mir dann zwar online gekauft, aber es ist nie angekommen…

SWAN Magazine: Aber das Coverbild hast Du dann direkt an Peter Hurley geschickt, oder?
Markus Schänzle: Ja, fast. Ich habe ihm meinen Headshot geschickt und empfohlen, er möge doch mal die neueste Ausgabe von Legend Men‘s Magazine kaufen… (lacht). Dass man mit einem Headshot mal auf einen Magazintitel kommt, hätte ich ja nie gedacht. Aber dass ich es mit meinem Headshot auf ein Magazin schaffe, noch weniger!
SWAN Magazine: Das sind natürlich Stories, die man selbst nie vergisst und die man sicher öfters weitererzählt. Uns ging das z.B. mit der Väter-Story von Christian Anderl in der Ausgabe 05 und der „Ich fotografiere keine Models, ich fotografiere Menschen“-Story von Pierre Steinhauer in der Ausgabe 06 ebenso. Und wir wissen es aus den Feedbacks unserer Leser, dass gerade solche Stories unheimlich bewegen und im Kopf haften bleiben. – Und mit so einer Geschichte funktioniert dies bei Dir natürlich ganz genauso.
Redaktioneller Hinweis: Das Interview mit Markus Schänzle fanden wir im weiteren Verlauf derart spannend, dass wir entschieden haben, daraus einen zweiten Blogbeitrag zu machen.
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