Zu Zeiten, als Facebook, Instagram, WhatsApp und Twitter nicht einmal erfunden waren, tummelten sich viele Fotobegeisterte in Internetforen. Das dforum.net war (und ist dies bis heute): DIE Anlaufstelle für alle Canon-Fotografen. Heute sprechen wir mit Dirk Wächter, dem Initiator, Gründer und Betreiber des dforum’s.
SWAN Magazine: Guten Morgen Dirk. Danke, dass Du Dir Zeit nimmst für unser kleines Interview. Dein Name ist heute tausenden Canon-Fotografen bekannt. Und einige davon kennen Dich nicht nur aus dem dforum, sondern auch von den dforum-Festivals. Wie bist Du damals auf die Idee gekommen, ein Forum zu erstellen und dieses dann auch zu moderieren?
Dirk Wächter: Im Jahr 2002 switchte ich von analog Nikon auf digital Canon um. Nikon hatte zu diesem Zeitpunkt, zu dem ich mich entschlossen hatte zu wechseln, einfach keine bezahlbare digitale Spiegelreflexkamera im Sortiment. Es waren dann sicher auch noch die Reviews mit vielen Fotos in Originalauflösung von Phil Askey auf dpreview.com, die mich letzten Endes zur damals aktuellen Canon EOS D60 (nicht 60D!) brachten. Das war sozusagen mein persönlicher „Canon-Startschuss“. Und weil es zu diesem Zeitpunkt auch noch keine deutschsprachige Canon-DSLR-Community im Internet gab, gründete ich am 16.6.2002 kurzerhand das dforum. Bis zur Gründung von Facebook sollten noch zwei weitere Jahre ins Land gehen… 😉

SWAN Magazine: Als das dforum startete, war das Internet ja noch vergleichsweise langsam. Und garantiert wird sich der eine oder andere User noch mit einem klassischen Modem eingewählt haben. Unter den heute in Europa existierenden Fotoforen gehört Dein dforum zu den Pionieren. Warst Du schon immer „First Mover“ oder „Early Adaptor“?
Dirk Wächter: Nein, als „First Mover“ sehe ich mich wirklich nicht. Denn die „Zeichen der Zeit“ oder die Business-Chance habe ich damals nicht gewittert. Es war wirklich ein Zusammenruf von einer Handvoll Leuten aus reinem privaten Interesse zum Gedankenaustausch über die noch jungen DSLR’s der Marke Canon. Dann also eher „Early Adaptor“.
SWAN Magazine: Wie waren die Anfänge Deines Forums? Hast Du schnell Mitglieder gewinnen können? Oder war es so, wie so oft: Man ist eine Weile am Markt, der Zulauf könnte größer sein, man überlegt, was man optimieren könnte und auf einmal (ohne erkennbaren Grund) steigen die Userzahlen rasant an…?
Dirk Wächter: Letzteres. Wie gesagt, wir waren am Anfang nur eine Handvoll User, die ich aus der damals auch noch sehr jungen fotocommunity von Andreas Meyer kannte, mehr nicht. Ein Freund, der als PHP-Programmierer arbeitete, hatte mir ein kleines User-Board zurecht geschustert. Das war aus heutiger Sicht eher unkomfortabel und sehr langsam. Ein Logo gab es damals noch nicht. Und so ging es dann weiter: Als das dforum gerade frisch gegründet war, fuhr ich mit meiner Familie genau in dieser Zeit in die Ferien – nach Dänemark. Internet im Ferienhaus? Fehlanzeige. Ich bin dafür zweimal die Woche, begleitet vom Unverständnis meiner Familie (Papa, wir haben doch Urlaub!), je 30 min. in die nächste Stadt in eine Bibliothek fahren, weil es nur dort einen freien Internetzugang gab. Wenn ich mich recht entsinne für 2,-EUR je halbe Stunde. Ich staunte nicht schlecht, als sich ohne mein Zutun die Userschaft in einer Woche bereits verdreifacht hatte. Upps…dachte ich. Was wird das denn? Bots konnten es nicht sein, die gab es damals noch gar nicht.

SWAN Magazine: Du wirst vermutlich Statistiken über das Forum geführt haben und neben der reinen Useranzahl auch die Verweildauer im Forum, die durchschnittliche Aktivität der User und ähnliches ausgewertet haben. Wenn Du heute zurückblickst, was war seit dem Livegang des Forums der spannendste Moment?
Dirk Wächter: Es sind viele spannende Momente. Zum Beispiel jedes mal, wenn Canon eine neue Kamera herausbringt. Dann gehen bei uns die User-Neuanmeldungen hoch. Ich führe das auf dann vermehrte Googleanfragen zu den Neugräten zurück, bei denen das dforum in den Suchergebnissen immer ganz oben ist.
SWAN Magazine: Wir erinnern uns, dass damals Paul Leclaire und das Canon-Urgestein Jürgen Denter immer wieder Foto-Workshops über das dforum angeboten haben. Es gab also von Beginn an eine enge Verzahnung zu einem Kamerahersteller. Hatte Canon nicht selbst Interesse, das dforum von Dir zu übernehmen?
Dirk Wächter: Nein. Canon bestand sogar darauf, dass das dforum eigenständig und unabhängig geführt so weiterbesteht. Unterstützung in jeder Hinsicht haben wir von Canon Deutschland schon seit 2004 erhalten. Um diese bis heute andauernde enge und freundschaftliche Zusammenarbeit beneiden mich im Übrigen einige meiner Marken-Foren-Betreiber-Kollegen. Und ich bin für die Unterstützung sehr dankbar. Ich habe bei Canon Deutschland inzwischen viele nette Menschen kennengelernt und sogar wertvolle Freundschaften geschlossen.
SWAN Magazine: Du selbst fotografierst seit Jahren mit Canon-Produkten. Da liegt es nahe, dass Canon eine zentrale Rolle in Deinem Forum einnimmt. Als Du in die Überlegung eingestiegen bist, selbst ein Forum anzubieten, war es vermutlich eine Kernfrage, ob Du ein Forum nur für einen Hersteller anbietest oder ob Dein Forum für alle Kameramarken offen sein soll. Was war der entscheidende Grund für die Fokussierung auf Canon? Wolltest Du selbst in der Lage sein, jede Frage beantworten zu können?
Dirk Wächter: Es war von Anfang an die klare Ausrichtung auf die Marke Canon gesetzt. Ja natürlich habe ich als Webmaster auch davon profitiert, nun selber als User in einem Canon-Forum Hilfe, Tipps und Unterstützung zu erhalten. Es wäre nicht die Wahrheit, wenn ich behaupten würde, dass die Gedanken nicht schon immer mal da waren, das Forum groß zu machen, indem man es auch anderen Marken öffnet. Aber erstens gibt es solch ein Forum schon mit mindestens zehnmal so vielen Usern und zweitens weiß ich aus meiner langjährigen Tätigkeit in der Werbebranche, dass Dinge dann begehrenswert sind und bleiben, wenn sie klar identifizierbar sind. Das dforum ist nicht irgendein Fotoforum, sondern „das“ Canon-Fotoforum. Dieses wichtige Prädikat hätte ich damit aufs Spiel gesetzt.
SWAN Magazine: Anfangs hast Du die Workshops von Jürgen Denter und Paul Leclaire als Co-Trainer begleitet. Später hast Du sie selbst moderiert. Workshops zu geben ist ja doch etwas anderes, als eine Forum-Plattform zu betreiben. Was hat Dich an den Workshops gereizt? Und konntest Du aus den Workshops einen Nutzen mitnehmen, der Dir dabei geholfen hat, das dforum weiterzuentwickeln?
Dirk Wächter: Was viele nicht wissen: Ich bin ein richtiger Grundschullehrer mit abgeschlossenem Studium und solider Ausbildung. Allerdings bin ich schon 1991 aus dem Schuldienst ausgestiegen, habe dann Zivildienst geleistet und bin danach als Grafiker in eine Werbeagentur gegangen. 1995 habe ich mich selbstständig gemacht und führe seitdem eine eigene kleine Werbeagentur. Diese (ich nenne sie mal) „Lehrerbasis“ war es, ich mich aus der Rolle des Co-Trainers schließlich herauslöste und dafür sorgte, dass ich eigene Workshops in meinem eigenen Stil durchführte. Als Co-Trainer (oder Hospitant) hat man immer Gedanken im Kopf, wie man es selber besser machen würde. Aber geplant war das, wie so vieles in meinem Leben, vorher nicht. Ich springe nunmal gern ins kalte Wasser und erfreue mich dann, wenn es um mich herum wärmer wird und das Schwimmen beginnt Spaß zu machen. Wird das Wasser irgendwann lauwarm und trüb, springe ich ins nächste Becken, um diese Metapher mal weiter zu bemühen.

SWAN Magazine: „Heute schon geblitzt?“ heißt das erste Buch, das Du selbst geschrieben und in Kooperation mit Canon veröffentlicht hast. Uns liegt ein Newsletter vom 22. August 2008 vor, in dem Du berichtest, dass die Erstauflage von 3.000 Exemplaren binnen vier Wochen ausverkauft war und Du die neue (ergänzte und überarbeitete) zweite Auflage nun verfügbar sei. Wie ist es, wenn einem sein erstes Buch förmlich aus der Hand gerissen wird?
Dirk Wächter: Ganz ehrlich? Ein herrliches Gefühl. So muss sich die Goldmarie gefühlt haben, als sie bei Frau Holle nach getaner Arbeit durchs Tor trat und mit Gold überschüttet wurde. In solchen Situationen des zwar herbeigesehnten aber dennoch unerwarteten Erfolges schaut das Ego schon ziemlich weit aus einem heraus, und man muss sich arg zügeln und mäßigen, dass einem so ein Flash nicht zu Kopfe steigt. Deswegen habe ich nicht aufs Gaspedal getreten, sondern bin in großer Selbstdisziplin im selben Tempo weitergefahren, bis heute. Das mag sich für Business-Chaka-Typen nur wie reines bremsen anhören. Für mich hieß es aber damals ganz klar: „Kein Übermut. Nicht nervös werden. Die solide Basis nutzen, um ein festes Fundament zu etablieren, auf dem du noch lange zufrieden stehen kannst. Wie war das mit dem Newsletter? Eine elf Jahre alte E-Mail? Die habt ihr noch? Cool. Zeig mal her. ☺
SWAN Magazine: Zwischenzeitlich liegt das Buch in seiner sechsten Auflage vor. Mit vermutlich mehr als 25.000 Exemplaren wird Dein Buch sicherlich als Beststeller unter den Canon-spezifischen Fachbüchern gelten. Oder?

Dirk Wächter: Die 6. Auflage wurde sogar noch zweimal nachgedruckt. Ich habe mir mal von einem großen Verlag sagen lassen, dass die Laufzeit und die guten Abverkäufe für mein Fachbuch sehr überdurchschnittlich seien. Erst jetzt (2019), also nach 11 Jahren, ist das Buch vergriffen und wird auch nicht nochmal nachgedruckt. Ich habe hier noch genau 25 unverkäufliche Exemplare als letzte Reserve für alle Fälle im Regal stehen. Mit Fug und Recht kann ich sagen, das Buch „Heute schon geblitzt?“ war der bisherige Höhepunkt in meinem Business.
SWAN Magazine: Wenn wir nach vorne blicken, dann müsste – berücksichtigt man die Marktentwicklung in diesem Segment – die siebte Auflage vermutlich auch Fremd-Systemblitze (z.B. von Profoto, Godox, Yongnuo, etc.) beinhalten, um voll den Nerv der Zeit zu treffen. Doch da gerade von Fremdherstellern manche Produkte inflationär überarbeitet und immer wieder neu an den Markt gebracht werden, würde das Buch nie fertig oder wäre bei Veröffentlichung immer veraltet. Wie siehst Du das?
Dirk Wächter: Das sehe ich genau so. Der Inhalt des Buches ist ja sehr technikorientiert, damit nicht zeitlos und rennt daher irgendwie immer dem aktuellen Stand der Dinge hinterher. Kaum hast du etwas fertig, ist auch schon der Nachfolger angekündigt. Deswegen ist der zwischenzeitlich kurz kommunizierte „Heute schon geblitzt? – Teil 2“ (nicht Neuauflage) nie erschienen. Die Arbeit und der Erfolgsdruck an so einem Buch sind enorm hoch. Außenstehende unterschätzen das oft. Ich habe auch das Layout, den Satz der Druckvorstufe und den Vertrieb selbst gemacht. Mein Privatleben und meine tägliche Arbeit in in der Firma gestatten mir leider den romantischen Lebensstil eines Schriftstellers nicht, der sich für ein dreiviertel Jahr in sein Ferienhaus am Meer zurückziehen kann, vom Vorschuss des Verlages lebt und in der kreativen Einsamkeit mit einer Muse an seiner Seite sein Werk in Ruhe zu Ende schreiben kann…

SWAN Magazine: Hast Du einmal darüber nachgedacht, das Buch als spezielle Tablet-App neu herauszubringen und so leichter Aktualisierungen einpflegen zu können? – Der Charme wäre ja auch, dass Du den Käufern z.B. einmal im Monat neben technischen Updates auch ein „Rezept“ zum Nachbauen an die Hand geben könntest, das beschreibt, wie eine spezielle Aufnahme zustande gekommen ist. Also quasi eine Verbindung von Buch und Workshop…
Dirk Wächter: Das einzige, worüber ich wirklich mal nachgedacht habe war, das Buch bei Amazon als E-Book anzubieten. Dann aber nur als letzte, nicht mehr aktualisierte Auflage. Für alles andere habe ich schlicht und ergreifend keine Zeit mehr. Ich bin als Fotograf viel für meine Kunden unterwegs. Zwischendurch layoute ich Drucksachen. Um dabei die Lust und die Kreativität nicht zu verlieren, benötige ich ausreichend Zeit und viel Freiraum.
SWAN Magazine: Welche Bedeutung hat ein Buch im Generellen für Dich?
Dirk Wächter: Ich lese sehr viele Fachbücher, für Belletristik bleibt kaum noch Zeit. Ich selbst liebe gedruckte Bücher, brauche die Haptik. Trotzdem bin ich überzeugt, dass kommende Generationen nur noch E-Books lesen werden. Das ist zwar aus meiner Sicht schade, aber so ist der Lauf der Zeit. Die Dinge ändern sich und alles was neu kommt, ist für nun mal die bestimmt, die neu kommen und nicht für die Alten.

SWAN Magazine: Du bist eigentlich Deutsch-, Mathematik- und Kunstlehrer. Mit den Fotoworkshops, die Du gibst, verbindest Du eigentlich alles: Grundlagenwissen, Theorie, Praxis und schlussendlich sogar Kunst. Hättest Du damals Fototrainer als Studienfach gewählt, wenn es dieses gegeben hätte?
Dirk Wächter: Das kann ich so nicht sagen. Denn als ich mich entschied, ein Lehrerstudium zu beginnen, da war ich gerade mal 15 Jahre alt. Zur Fotografie kam ich erst während meiner Studienzeit. Ich war Mitglied einer Foto-AG und konnte im Internat ein großes analoges Fotolabor jederzeit frei nutzen. Genau dort infizierte ich mich mit dem „Fotovirus“. Der magische Moment, wenn ein Bild auf einem weißen Fotopapier im Entwicklerbad wie durch Geisterhand entsteht, der Geruch der Chemikalien und das schummrig grüne Licht in der Dunkelkammer brennen sich tief im Gedächtnis ein. Deswegen ist mein Blick auf die Fotobranche sicher ein anderer, als jener Blick von jüngeren Kollegen, die vom Smartphone-Knipsen zur Fotografie gekommen sind. Ich kenne sogar noch einige Tricks aus dem Fotolabor, die heute in Photoshop noch genau so heißen.
SWAN Magazine: In unserem Vorabtelefonat haben wir Dir die Frage gestellt, was Dich sonst noch begeistert. Und ganz schnell fielen Namen wie Dr. Daniele Ganser, Professor Rainer Mausfeld und Eugen Drewermann. Sie alle haben weder eine intensive Verbindung zur Fotografie, noch sind sie Inhaber einer Marketingagentur. Und dennoch stehen sie – wenn auch nicht so stark wie manch ein Vorstandsvorsitzender oder Politiker – irgendwie im Rampenlicht. Gibt es einen gemeinsamen Nenner dieser drei Persönlichkeiten, an denen unsere Leser festmachen können, was genau Dich an solchen Menschen reizt?
Dirk Wächter: Ja, diesen gemeinsamen Nenner gibt es. Sie – und viele andere hier nicht erwähnten klugen Köpfe – sind in der Friedensbewegung aktiv und ragen nach meinem Empfinden als gewaltfreie und brillante Wortmelder weit aus der Masse heraus. Ihre Botschaft lautet (von mir mal ganz grob zusammengefasst) schlicht und ergreifend: „Wir sollen uns nicht töten. Lüge und Gewalt führen immer ins Verderben. Alle Menschen gehören zur Menschheitsfamilie. Liebe, Freiheit, Empathie, Achtsamkeit, Zuversicht, Vielfalt und ein offener Debattenraum sind die Grundlagen für das Funktionieren einer menschlichen Gesellschaft.“ Vom Herzen her weiß das jeder friedliebende Mensch. Mausfeld spricht hier sogar von Binsenwahrheiten. Aber warum ist die Welt immer noch voll von Elend, Hunger, Leid und verheerenden Kriegen? Wieso schafft es die Menschheit nicht aus eigener Kraft heraus, diese Geisel endlich zu überwinden? Wen quälen denn solche Fragen nicht? Auf der ehrlichen Suche nach Antworten stößt man früher oder später eben auf diese Persönlichkeiten. Und genau so ging es mir auch. Einen regelrechten Zündfunken bekam ich dann im August 2014, als ich auf YouTube das erste mal ein Interview mit Daniele Ganser sah. Inzwischen bin ich mit ihm eng befreundet, arbeite mit ihm zusammen, habe bestimmt schon 3.000 Fotos von ihm in meinem Archiv und organisiere als Veranstalter für ihn Vorträge (2018 Erfurt und Leipzig, 2019 Nürnberg und Offenbach, 2020 ist in Planung).

SWAN Magazine: Dr. Daniele Ganser, Professor Rainer Mausfeld und Eugen Drewermann sind alle drei Persönlichkeiten, die gerne in Schubladen gesteckt werden. Und dieses Schubladendenken führt dazu, dass es Menschen gibt, die diese Persönlichkeiten kategorisch ablehnen und es wiederum andere gibt, die sie kritikfrei verherrlichen. Was nimmst Du für Dich von diesen drei Ausnahmemenschen mit in Deinen Alltag?
Dirk Wächter: Ihren grundsätzlich gewaltfreien und auf Frieden (im Inneren wie im Äußeren) gerichteten Ansatz. Wer Rosa Luxemburgs Satz „Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden.“ (wird gern auch in abgeänderten Versionen verwendet) wörtlich auslegt, kann und muss mit jedem „Ablehner“ eben genau so fair umgehen. Mit jedem! Das versuche ich auch. Allerdings hört es nach meiner Auffassung genau an der Stelle auf, wo Gewalt ins Spiel kommt und die Würde des Menschen angetastet wird (wieder so eine Binsenweisheit). Von Drewermann, Mausfeld, Lüders, Todenhöfer, Ziegler, Chomsky, Griffin und anderen habe ich viel gelesen. Daniele Ganser nimmt bei mir inzwischen jedoch auch aufgrund unserer persönlichen Verquickung eine Sonderstellung ein. Und ich kann dabei etwas vorweisen, was seine „Ablehner“ nunmal nicht können. Ich kenne ihn persönlich, auch hinter der Bühne. Ihn einfach so in den großen Topf von Verschwörungstheoretikern (recherchiert mal, wie dieser Begriff und vor allem durch wen als Kampfbegriff zustande kam), ist einfach nur platt und billig und zeugt von einem beispiellosen Argumentenmangel. Zack – Knüppel drauf und Ruhe ist. Ist das eine Lösung? Waaaas? Da wagt sich einer im deutschsprachigen Raum, nach so vielen Jahren noch kritische Fragen zu 9/11 zu stellen? Das geht ja gar nicht! Ergreift ihn! Dabei sind sich die wenigsten darüber im Klaren, was 9/11 bis heute bedeutet! Schon mal was vom NATO-Bündnisfall gehört? Der gilt bis heute. Nicht gewusst? Aha. Ich erlebe dies nun seit Jahren selbst in meinem engsten Freundeskreis immer wieder und muss dabei ausnahmslos feststellen, dass alle, die Daniele Ganser diffamieren, ausgerechnet jene sind, die auf noch keinem seiner Vorträge waren und keine einzige Seite seiner drei Bücher gelesen haben. Was andere über ihn schreiben oder was bei Wikipedia steht, ja, davon haben sie schon oft gehört. Ein ganz böser Bube soll das sein. Und genau deswegen kommen seit Jahren immer und immer wieder ein und dieselben ausgeleierten Vorwürfe. Ich kann das nicht mehr hören. Für mich ist das natürlich traurig, weil es mich inzwischen auch direkt betrifft. Von außen betrachtet ist es aber ein vollkommen normaler Zustand, den wir tagtäglich um uns herum erleben. Für alle Menschen, die achtsam durchs Leben gehen, ist das aber durchaus erträglich.
SWAN Magazine: Du hast uns von einem Buch berichtet, welches Du für einen ausgesprochenen Auto-Spezialisten designt und gedruckt hast. Was ist das Besondere an dem Buch und wie kam es zu diesem Auftrag?

Dirk Wächter: OK. Scharfe Kurve. Aber gut, zurück zum Business! Also, ich kenne den Autor Matthias Bartz aus Kronberg im Taunus sehr gut. Nach dem Erfolg von „Heute schon geblitzt?“ kam er auf mich zu und erzählte mir von seinem Vorhaben. Matthias ist, das kann man wirklich so sagen, DER Spezialist für Ferraris „Dino“ und weltweit anerkannt auf diesem Fachgebiet inzwischen eine echte Koryphäe. Er hat für die Recherchen und Bilder zum Buch „Dino Compendium“ knapp 20 Jahre gebraucht. Bei seinem Traum, ein eigenes Buch herauszubringen und weltweit zu vertreiben habe ich ihn unterstützt. Ich habe die komplette Druckvorstufe gemacht, viele Produktfotos erstellt, den Druck begleitet und mit meinem damaligen Kollegen die Online-Vertriebssoftware gebaut und betreut. Dies war mein bislang größtes Projekt, ich habe daran ca. ¾ Jahr ohne Unterbrechung gearbeitet. Das Buch gibt es in Deutsch und in Englisch (zwei separate Ausgaben), es wiegt knapp 4 kg, hat über 400 Seiten und ist von den Abmaßen her wirklich sehr groß. Ein richtiger Klopper, sagt man hier dazu. Der Autor hat im Laufe der Zeit für dieses Buch mehrere nationale und internationale Preise bekommen und hat seine eigene Reputation damit international massiv gestärkt. Das Buch gilt mittlerweile als „das Referenzwerk zum Dino“. Ich bin sehr stolz darauf, dort im Impressum zu stehen.

SWAN Magazine: Hauptberuflich betreibst Du „dederon Werbedesign“ – eine inhabergeführte Werbeagentur, die überwiegend für Mittelständler arbeitet und bis zum Flyer eigentlich alles produziert, was man heute in der Werbelandschaft benötigt. Hast Du hauptberuflich einmal davon profitiert, dass Du nebenberuflich ein Forum mit über 70.000 registrierten Usern betreibst?
Dirk Wächter: Na klar. Viele Fotoaufträge und Drucksachen ergaben sich über Bekanntschaften aus dem dforum. Bis heute bestehen von mir sehr geschätzte Geschäftsverbindungen.
SWAN Magazine: Betrachtet man Deinen Lebenslauf, so hast Du mit Abstand von ein paar Jahren immer wieder Neues gewagt. Was können wir von Dir in Zukunft erwarten? Gibt es schon konkrete Pläne?
Dirk Wächter: Ich bin zur Zeit in der Planungsphase für ein neues Buch. Es wird aber kein Fotobuch und –keine Angst- auch keine Roman. Mehr kann und darf ich dazu leider nicht sagen. Aber es wird wieder ein sehr umfangreiches Projekt.

SWAN Magazine: Kommen wir zur Fotografie. Hunderttausende Bilder wurden in Deinem dforum veröffentlicht und haben unter Gleichgesinnten viel Aufmerksamkeit erhalten. Richtige Veröffentlichungen (Vernissagen, Ausstellungen, Bücher, etc.), die dabei helfen, die Fotografie als Kunstform bekannter zu machen, sind uns aber nicht bekannt. Warum nicht?
Dirk Wächter: Das dforum ist vom Grunde her ein fototechnisches Forum, kein reiner Bilderpool wie z.B. die fotocommunity. Deswegen lag auch bei den Festivals auch immer der Schwerpunkt auf Fototechnik. Natürlich haben wir aber auch reine Bilderrubriken im Forum nach Genres unterteilt. Dort findet auch ein inhaltlicher, nicht immer an technische Gegebenheiten gebundener Austausch statt. Der größte Teil der Diskussionen dreht sich aber sicher um Kameras, Objektive, Blitze und sonstige Technik. Also eher ums „wie“ als ums „was“.
SWAN Magazine: Gibt es einen fotografischen Traum, den Du gerne in den nächsten fünf Jahren realisieren möchtest?
Dirk Wächter: Island war ein langgehegter Traum, den ich mir zusammen mit meinem Sohn als Teilnehmer einer geologischen Exkursion bereits 2017 erfüllte. Ich bin von dort nach knapp zwei Wochen mit ca. 5.000 Fotos zurück gekehrt. Aber einen fototechnischen Traum habe ich wirklich. Ich würde zu Shootings künftig gern nur noch mit einer einzigen Kamera unterwegs sein, anstatt mir drei. Diese neue Kamera sollte eine Mischung aus den Merkmalen dieser drei Canon-EOS-Modelle sein: schnell und präzise wie eine EOS 1DX Mark II, hochauflösend und so (gehäuse)schön wie eine EOS 5DsR, sowie leise und klein wie eine EOS R. Was weitere fotografische Projekte angeht, bin ich mir sicher, dass ich nie an Langeweile sterben werde. Ich lasse mich gern von günstigen Gelegenheiten überraschen und bin fest davon überzeugt, dass die nächste schon irgendwo hinter einer Ecke lauert.

SWAN Magazine: Ein Bild von Deinem Sohn, das ihn in jungen Jahren mit noch wachsenden Milchzähnen und zugekniffenen Augen zeigt, taucht immer wieder bei Dir auf. Aufmerksame Betrachter kennen es aus Deinen Workshops, Deinem Blitzbuch und Deinem Fotocommunity-Account. Auch auf Deiner dederon-Website taucht es auf. Ist dies Dein Alltime-Favorite? Was macht dieses Bild so besonders?
Dirk Wächter: Nein, das ist nicht mein Sohn, sondern der eines Freundes von mir. Das Bild entstand vor vielen Jahren bei einem privaten Shooting, völlig ungeplant. Aus der Sicht eines Werbefachmanns hat dieses Bild ein sehr starkes Momentum und ist damit für den Einsatz in der Werbung hervorragend geeignet. Dieses Potenzial hatte ich seinerzeit schon auf dem Display der Kamera gesehen. Ich habe das Foto mit unterschiedlichen Styles dann für viele Kampagnen als Eyecatcher verwendet und darauf auch viel positives Feedback bekommen. Man könnte also durchaus sagen, dass dies einer meiner großen Favoriten ist.
SWAN Magazine: In unserem Telefonat sprachen wir auch über das SWAN Magazine. Was ist für Dich das Besondere am SWAN Magazine?
Dirk Wächter: Allein seine äußere Erscheinung, das Gewicht und die Haptik. Da braucht man gar nicht zu blättern und es entsteht schon der Eindruck: „Wow! Das ist was Besonderes!“
SWAN Magazine: Als Marketingexperte: Für wen ist das SWAN Magazine das richtige Geschenk?
Dirk Wächter: Ich würde sagen für alle, die irgendwie mit der Fotografie als Macher in Berührung kommen. Ein „Bilderbuch“ geht immer. Die großformatigen Fotos im SWAN Magazine machen richtig Spaß und Lust auf mehr. Da habt ihr genau an den richtigen Schrauben gedreht!
SWAN Magazine: Und was würdest Du anders machen, wenn Du Herausgeber des SWAN Magazines wärest?
Dirk Wächter: Ich bin vom Herzen her Grafiker und liebe Satzarbeiten und Typografie. Linien und Flächen, Verhältnisse und Ausrichtungen lassen mein Herz höher schlagen. Schon als Kind habe ich Wappen, Logos und Schriftzüge mit Filzstiften überall hingekritzelt. Als Neunjähriger habe ich mir richtige 3D-Profilbuchstaben gebastelt und daraus den Schriftzug „The Beatles“ an die Kinderzimmerwand geklebt. Deshalb schaue ich mit besonderem Fokus auf Dinge, die mit Gestaltung und Layout zu tun haben. Mmmhhh…Was würde ich anders machen? Vielleicht eine andere Schriftart nehmen, den Zeilenabstand etwas verringern und mehr Randabstand lassen. Dann wirkt das Design nach meinem Geschmack noch edler. Und noch eins: Auch wenn euer Stil schwarz-weiss ist… ich würde doch hin und wieder mal ein Bild in Farbe drucken. Und zwar dann, wenn es in Farbe um Längen besser wirkt, als in schwarz-weiss. Sowas gibt’s!
SWAN Magazine: Man spricht ungerne über den Tod. Erlaubst Du uns dennoch zwei Fragen dazu?
Dirk Wächter: Ich habe damit kein Problem. Also nur zu…

SWAN Magazine: Danke Dir! Frage 1: Wenn man ein Forum seit so vielen Jahren mit Herzblut und Leidenschaft betreibt, berücksichtigt man ein solches Forum dann im eigenen Testament?
Dirk Wächter: Ich bin zwar „erst“ 52 Jahre alt, aber darüber habe ich in der Tat so konkret noch nie nachgedacht. Wenn ich sterbe, erbt meine Familie ohnehin alles und damit auch den Anspruch auf die Domain und das Management des dforum. Ich bin mir aber sicher, dass kein Familienmitglied dies so fortführen würde. Man sähe sich gewiss nach jemandem um, der das leisten kann. Und „so“ schwierig ist das ja nun alles gar nicht.
SWAN Magazine: Frage 2: Soll das dforum am Tage Deines Todes abgeschaltet werden oder ist klar definiert, wer „Dein Lebenswerk“ in Deinem Sinne fortführen soll?
Dirk Wächter: Im dforum geht es nicht um mich. Ich bin zwar der Gründer und der Webmaster, OK, aber das war es auch schon. Wenn ich morgen nicht mehr da wäre, dann führt es einfach einer meiner Moderatoren weiter. Ob sich dadurch etwas ändert, besser oder schlechter wird, ist dann einfach nicht mehr mein Ding. Während sich die dforum-User vielleicht in die Haare kriegen, werde ich bestimmt gerade irgendwo als Feldhase, Eskimo oder Wal wiedergeboren. ☺
SWAN Magazine: Danke Dir, Dirk für diese eindruckvollen Insights in Dein jahrelanges Schaffen. Wir sind jetzt schon gespannt auf Dein neues Buchprojekt und wünschen Dir viel Erfolg dabei – egal wie steinig der Weg manchmal auch sein mag!
Zitat: Alexander Borell
Eine Automatik ist so gut wie ein begabter Anfänger. Sie macht nichts ganz falsch, aber eben auch nichts ganz richtig.
September 26, 2019 @ 12:35 pm
Dirk ist mir vor vielen Jahren von einem befreundeten Hobby-(Canon-)Fotografen empfohlen worden. Seitdem habe ich ihn schon für einige Foto-Shootings engagiert und bin immer wieder von seiner Professionalität und Kreativität begeistert. Auch eine seiner organisierten Veranstaltungen (Daniele Ganser in Erfurt) habe ich besucht und konnte auch dort das Herzblut spüren, mit dem er dabei ist und Themen verfolgt. Weiter so!!!