Hannes Hell lebt, wohnt und arbeitet dort, wo andere Urlaub machen: In Südtirol. Den sympathischen Fotografen und seine reduzierten Portraits haben wir in Ausgabe 07 vorgestellt. Jetzt, nach Corona-bedingten Verzögerungen, startet seine Ausstellung „Retro 17-21“ in der wundervollen italienischen Kleinstadt Meran. Wer nach „Meran“ googelt, wird schnell erfahren, dass es sich um eine Kurstadt handelt. Und auch der Slogan „Wo das Mediterrane die Alpen berührt“ wird dem Interessenten nicht lange verborgen bleiben.
Menschen, die Meran bereits kennen, werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Lächeln auf die Lippen bekommen. Und das, wenn nur der Name der idyllischen Kleinstadt fällt. Für diejenigen, die Meran nicht kennen, reicht ein Satz: „Meran liegt zwischen den alpinen Gletschern und Rom und gönnt sich von beidem das Beste.“ Das merkt man an der Südtiroler Küche, aber auch am Lebensstil. Vollmundige, nach Toskana schmeckende Rotweine, typisch italienische Pasta, österreichische Mehlspeisen, italienische Leichtigkeit, aber deutsche Verbindlichkeit. Dazu tagsüber sommerlich warm und nachts nie zu heiss, weil die Berge vor der Haustüre wie eine Klimamembran wirken.
Retro 17-21
Jetzt lädt uns Hannes dazu ein, ihn bei seiner Vernissage am kommenden Freitag (10.06.2022, 18 Uhr) ins Kulturzentrum nach Meran zu begleiten, um seine erste Einzelausstellung am Eröffnungstag zu besichtigten. Direkt gegenüber dem weltbekannten Hotel Palace gelegen, entführt er uns in die Welt der Schwarzweissfotografie. Hannes hat grossformatige Prints produzieren und aufziehen lassen, um ein Statement gegen die Flüchtigkeit kleiner Bilder auf Social Media Portalen zu setzen.
Retro 17-21 zeigt seine fotografischen Kunstwerke aus den Jahren 2017 bis 2021. Vier Jahre also, von denen zwei ganz besonders von Corona geprägt waren. Somit fällt auch die Veröffentlichung der Ausgabe 07 in den Zeitraum seiner Retrospektive – was uns neugierig darauf macht, ob wir womöglich einzelne Motive bereits „in klein“ im SWAN Magazine sehen konnten.
Bis zum 14. Juni dauert die Ausstellung. Und Hannes Hell wird nicht nur bei der Vernissage persönlich anwesend sein, sondern auch am Samstag, Montag, Dienstag und Mittwoch. Während am Sonntag Ruhetag im Kulturzentrum ist, sind die anderen Öffnungstage sehr arbeitgeber- und freizeitfreundlich gestaltet: Statt morgens um 8 Uhr die Pforten zu öffnen, ist die Retro 17-21 täglich von 15.30 bis 22.30 Uhr zu besichtigen. Und da der Eintritt frei ist, könnte es sich lohnen, den Besuch am Nachmittag kurz zu unterbrechen und am frühen Abend erneut herzukommen.
Denn das Kulturzentrum liegt so herrlich zentral, dass es eine Schande wäre, nicht kurz zu Fuss Richtung Therme zu gehen und dann kurz davor über hübsche Brücke und das Flüsschen „Fiume Passirio“ in die Altstadt zu schreiten, um dort in einem dieser wundervollen kleinen Restaurants zu dinnieren. Der kleine Fluss (zu deutsch „Passer“) hat seinen Ursprung in zahlreichen Bächen rund um das bekannte Timmelsjoch und mündet hinter Meran in die Etsch (auf italienisch „Adige“), also dem Fluss, der Südtirol (auf italienisch „Alto Adige“) seinen Namen gab.
Zurück zur Ausstellung
„Ursprünglich sollte die Ausstellung von Hannes Hell im Innenhof der Residence Rösch (übrigens eine gute Übernachtungsmöglichkeit) stattfinden“, berichtet Hannes Hell. „Die Herausforderung für mich war es, das Ausstellungskonzept mit den teilweise schon auf die ursprüngliche Location abgestimmten Bildformate, nun auf das Kulturzentrum hin anzupassen.“
Insgesamt 22 Motive erwarten den Besucher der Ausstellung. Sie alle werden konsequent in nur drei Grössen gezeigt: 90×60 cm, 80×120 cm und 90×135 cm. Gemäss dem Ausspruch „In Farbe fotografierst du Fashion; Menschen fotografierst du schwarzweiss“ möchte Hannes Hell den Fokus ganz auf die von ihm portraitierten Menschen lenken.
Spannend auch: „Wer an Südtirol denkt, denkt an Knödel, Berge, Almwiesen, Schinken, Wein und Ötzi – aber niemand denkt spontan an die Schönheit der Menschen, die hier wohnen. Und das möchte ich mit Portraits von schönen Frauen aus Südtirol ändern“, so Hannes Hell. Er sagt: „Ich möchte damit ganz einfach die wenigen kognitiven Fähigkeiten, die wir (Männer?) besitzen, auf das lenken, was zählt: Die Ästhetik der (Südtiroler) Frau.“
Die Wurzel der Südtiroler Kultur
„Hier im Kulturzentrum ausstellen zu dürfen, ist schon eine grosse Ehre für mich“, sagt Hannes Hell und fügte erst kürzlich hinzu: „Nun befindet sich der Name meiner Ausstellung und mein eigener Name auf diversen Veranstaltungshinweisen in der Stadt. Das ist schon ein komisches Gefühl, obwohl ich hier doch heimisch bin.“
Hannes Hell, der selbst nur neun Minuten Fussweg entlang der Fiume Passirio wohnt, wird sicher den einen oder anderen Gast höchst persönlich in die Altstadt von Meran entführen und dort die besten Cafés und Restaurants zeigen. Eine ideale Gelegenheit, um den Künstler auch ausserhalb der Ausstellung persönlich kennenzulernen.
Denn Hannes lebt nicht nur für die Peoplefotografie in Schwarzweiss – nein, der hat zu jedem Motiv auch eine Geschichte zu erzählen, die es gerade für Sammler spannend macht, nicht nur das Bild an sich zu schätzen, sondern ein bisschen „Story dahinter“ mit nach Hause zu nehmen.
Urlaub und Kunst
Unser Beitrag hier macht transparent, wie sehr es doch lohnt, den Ausstellungsbesuch auch für eine kurze Auszeit in Meran und Umgebung zu nutzen. Neben der modernen Therme (die übrigens eine der besten Tiefgaragen der Stadt besitzt und fussläufig vom Kulturzentrum aus zu erreichen ist), lohnt sich gerade im Frühjahr und Sommer auch der Besuch der Gärten von Trauttmansdorff. Und wer eh schon in dieser Ecke der Stadt ist, der sollte auch gleich hochfahren ins „Dorf Tirol„. Es gibt vermutlich keinen besseren Ort als die vielen kleinen Hotels unterschiedlichster Preisklassen, um am frühen Morgen den Blick über die Stadt Meran schweifen zu lassen und dabei ein frisches Croissant mit traumhaftem italienischen Café zu geniessen. Überhaupt liegen im Dorf Tirol unsere Übernachtungstipps für die Besucher der Retro 17-21. Warum? Auch baulich liegen hier interessante Hotels, die nicht nur beim Frühstück, sondern auch abends zu überzeugen wissen. Und das nicht nur mit Speisen, sondern auch mit einer erlesenen Weinauswahl, die in vielen anderen Regionen nur wenige Hotels vorhalten.
Gerade wer die Gelegenheit einer Übernachtung nutzt, der sollte dem Schloss Tirol allein schon wegen seiner exponierten Lage und der herrlichen Rundumsicht einen Besuch abstatten. Ebenfalls lohnenswert ist die landesfürstliche Burg Meran und das nur wenige Kilometer entfernte Reinhold Messner Mountain Museum. Doch wer eher auf Wellness steht, der wird vermutlich die idyllische Fahrt mit der Gondel über die Weinberge hinweg zum Vinea Resort geniessen und vom Infinity-Pool aus die Aussicht auf Meran geniessen und dabei an die Fotokunstwerke von Hannes denken.
Nie eindimensional denken
Hier in Meran drängt es sich noch mehr auf, als vielerorts sonst: Wer nur zur Ausstellung anreist und nach einem kurzen Touchdown wieder abreisen möchte, der wird sich ärgern. Genauso schade wäre es, nur zu einer Raftingtour auf der Adige anzureisen, aber die Retro 17-21 zu verpassen. Denn der Bozener Flughafen liegt nur 30 km entfernt – und zwischenzeitlich fahren sogar die Nachtzüge wieder direkt über den Brenner nach Südtirol…