Mit F.C. Gundlach ist in diesem Jahr ein weiterer Grossmeister der Fotografie von uns gegangen (23.07.2021). Stolze 95 Jahre wurde er alt und hat vor allem die internationale Modefotografie geprägt. Geboren in einem kleinen hessischen Städtchen nahe des Flüsschens Fulda lebte er zuletzt in Hamburg.
Aufmerksame Leser wissen es längst: Aktuell gibt es zwei Ausstellungen des Fotografen, den viele seiner Kollegen „Visionnaire“ nannten. Eine in der Altersresidenz, in der F.C. Gundlach bis zuletzt wohnte und eine in Düsseldorf. Erst gestern eröffnet. In der Galerie NoirBlanche.

Galerie NoirBlanche
In der kleinen aber feinen Galerie NoirBlanche ist Volker Marschall „zuhause“. Treffsicher holt er immer wieder besondere Künstler nach Düsseldorf. Er hat irgendwie ein Händchen dafür, die richtigen Künstler zum richtigen Zeitpunkt auszustellen. Während der Lindbergh-Ausstellung im nahe gelegenen Kunstpalast zeigte er in seiner Galerie Hans Lux – den Lehrmeister Lindberghs. Jetzt schlägt er erneut eine Brücke, bei der es sich für Interessenten der Modefotografie lohnt, einen kleinen Spaziergang zwischen dem Ehrenhof 4-5 und Rather Str. 34 zu machen. Denn während der Kunstpalast kurz vor der Eröffnung der von Claudia Schiffer kuratierten Ausstellung über die Fashion-Fotografie der 90er Jahre steht, eröffnete gestern in der Galerie NoirBlanche die jüngste Ausstellung von und mit F.C. Gundlach. Dem Mann, der vor allem die Modefotografie der 60er Jahre stilbildend geprägt hat.

Vernissage am Freitagabend
Corona-konform und trotzdem gut besucht war die Vernissage am gestrigen Abend. Maximal 10 Gäste dürfen sich zeitgleich und nur mit Mund-Nasen-Schutz in den Wänden der schmucken Galerie aufhalten. Und während drinnen immer wieder die Besuchergrenze ausgeschöpft wurde, herrschte draussen vor der Türe ein reger Austausch unter den Gästen aus Nah und Fern. Sie alle waren gekommen, um die Ausstellung als erste zu sehen, um zu netzwerken, aber auch um sich über Fotokunst und Sammelleidenschaft auszutauschen. Mitten unter ihnen: Hans Lux.

Bekanntes und Rares
Die Galerie NoirBlanche zeigt bis zum 06. November 2021 eine erstaunliche Breite der F.C. Gundlach’schen Werke. Mit dabei, Motive, die um die Welt gingen. Aber ebenfalls mit dabei, Werke, die noch nie ausgestellt wurden oder nur in kleinen Magazinen gezeigt wurden. Gekonnt inszeniert hängen die Fotokunstwerke an der Wand. Exponate, die F.C. Gundlachs besondere Gabe für einfache und auf das Wesentliche reduzierte Portraits beweisen. Und andere, die beweisen, dass F.C. Gundlach auch gerne experimentiert hat. Mit Licht, mit Bewegungsunschärfe und mit spielerisch eingebauten Details. Denn eins konnte er ganz gewiss: Motive gestalten!

Opening speach
Rund eine Stunde nach der offiziellen Ausstellungseröffnung ist nicht nur der Peak im Hinblick auf die Besucherzahl erreicht. Der Hausherr bittet um einen Moment Ruhe und bedankt sich für die zahlreich erschienenen Gäste. Natürlich stellt er F.C. Gundlach vor und natürlich berichtet er über die Entstehung der Ausstellung, deren Planung noch zu Lebzeiten des Ausnahmefotografen begann. Doch der Charme der Eröffnungsrede liegt nicht in der nüchternen Auflistung von Fakten begründet, sondern in den Anekdoten, die Volker Marschall aus dem Leben des Künstlers zum Besten gibt.
Die Gäste erfahren, welchen stifterischen Tätigkeiten der Fotograf und Sammler nachging. Sie erfahren, dass F.C. Gundlach federführend dabei war, in den Deichtorhallen in Hamburg 2003 das „Haus der Fotografie“ zu errichten und einer lange Zeit wenig bedeutenden Kunstform eine neue Quelle zu schenken. Volker Marschall berichtet von Gundlach’s Bedürfnis, junge Talente zu fördern und er berichtet auch von seiner Beerdigung – die er selbst besuchte. Über öffentlich bekannte Fakten und mit einen Hauch persönlicher Note spendiert der Gastgeber der Ausstellung (und jedem einzelnen Bild) eine besondere Geschichte.
Traurig und schön zugleich
Noch kurz vor seinem Tod sprach Volker Marschall mit F.C. Gundlach in seiner Altenresidenz in Hamburg. Über die Ausstellung haben sie gesprochen, obwohl der Künstler bereits seit Jahren an Demenz litt. Vor Ort erfährt Marschall von den Mitarbeitern der Stiftung eine kleine Geschichte, die er am Eröffnungsabend gerne teilt: Nachdem die Gundlach’sche Ausstellung in Hamburg bereits die Altersresidenz schmückte, trat F.C. Gundlach eines Tages vor eins der ausgestellten Exponate, blieb stehen und sagte: „Das Bild gefällt mir. Das ist so herrlich reduziert. Wer hat dieses Kunstwerk erschaffen?“ – Das klingt nach Selbstironie. Doch es ist eine Geschichte, die komisch und traurig zugleich ist. Wie traurig ist es, wenn man die Bilder, für die man Weltruhm erlangt hat, irgendwann selbst nicht erkennt? Aber wie herrlich ist es auch, wenn man rund 60 Jahre nach ihrer Entstehung selbst immer noch etwas Einzigartiges in den eigenen Bildern entdeckt?
Fotokunst zum Kaufen
Unter den Gästen waren auch dieses Mal wieder einige Jäger und Sammler. Denn wenn Volker Marschall zur Vernissage läd, dann hat er meist eine kleine Anzahl an Exponaten an Bord, die es sonst nirgends zu sehen oder zu kaufen gibt. So auch bei F.C. Gundlach. Und das Wissen zumindest seine Stammkunden.
Reges Interesse findet auch die offen ausgelegte Preisliste, die zu fast allen Werken konkrete Zahlen nennt. So wundert es nicht, dass hier und da auch über mögliche Orte zum Aufhängen der Fotokunstwerke gefachsimpelt wurde. Denn genau dazu ist eine Vernissage ja auch da: Bei einem guten Glas Sekt auch über Kapitalanlagen nachzudenken, die zugleich die heimischen vier Wände schmücken können.
Die Ausstellung
Die Ausstellung „Visionnaire“ zeigt Pariser Couture aus den Jahren 1962 bis 1966. Einer besonderen Epoche innerhalb der Modefotografie. Bis zum 6. November 2021 ist die Ausstellung geöffnet. Die genauen Öffnungszeiten befinden sich auf der Website der Galerie NoirBlanche. Nach telefonischer Absprache werden auch individuelle Termine angeboten.