Wenn man weiss, dass David Mecey über 20 Jahre direkt mit Hef (Hugh Hefner, Playboy) zusammengearbeitet hat, so erwartet man einen Glamour-Fotografen, der selbst ein bisschen Glamour lebt und sich vermutlich einige Star-Allüren zu eigen gemacht hat. Doch ganz das Gegenteil ist David Mecey. Er ist bodenständig, unauffällig gekleidet und so symphatisch, wie man sich einen Schrebergarten-Nachbarn nur vorstellen kann. Kein waschechter Playboy.
Mit David haben wir im Frühjahr 2019 für die Ausgabe 04 des SWAN Magazines ein umfangreiches Interview geführt. Der Hauptteil ist in der gedruckten Ausgabe des SWAN Magazines nachzulesen. Ein paar zusätzliche Teile des Interviews haben wir hier als Appetithappen zusammengestellt.
SWAN Magazine: Lass uns einmal über Ziele sprechen. Ziele im Hinblick auf Deine Karriere. Dein persönlicher Erfolg: Ist er glücklichen Umständen zu verdanken oder war es harte Arbeit an klar definierten Zielen?
David Mecey: In meinem Fall kann ich das ganz klar sagen: Es war der absolute Wille, immer besser zu werden. Ich wollte immer so gut werden, wie ich es maximal werden konnte. Wenn ich feststellte, dass ich etwas nicht konnte, habe ich daran gearbeitet, bis ich es konnte. Aber nicht durch probieren. Ich wollte immer erst verstehen, wie etwas funktioniert (dazu habe ich viel gelesen) und dann habe ich mich selbst daran gewagt. Wenn ich mein Leben im Rückblick betrachte, dann war mein Leben eher ein bereits vorhandener Weg. Der Weg zum erfolgreichen Profifotografen. Ich habe diesen Weg gesehen und wollte ihn gehen. Ich habe dann jede Möglichkeit genutzt.
SWAN Magazine: Hast Du dazu ein Beispiel? Welche Chance hast Du erkannt und dann aktiv genutzt?
David Mecey: Ich hatte z.B. mitbekommen, dass eine junge Dame extra nach Chicago gereist kam, weil sie dort ein Playboy-Shooting hatte. Also habe ich für den Anreisetag (einen Tag vor dem Playboy-Shooting) mit ihr einen Shootingtermin “zum Warmwerden” ausgemacht. Und da ich bekannter werden wollte, war das Ziel klar: Ich hab das Shooting mit ihr gemacht und musste ihr anschließend alle Filme ungesehen mitgeben, damit sie auf jeden Fall beim Playboy ankamen. Das ist ein Weg, der einfach auf der Hand lag. Aus dieser Konsequenz in meinem Handeln konnte ich schlussendlich Vorteile für mich gewinnen, die mich immer weiter nach vorne gebracht haben. Darum würde ich nicht sagen, dass es Glück war. Ich sehe es mehr als Angebote, die ich auf der Straße des Lebens gesehen habe. Und ich habe sie nicht liegengelassen, sondern in sie investiert.
SWAN Magazine: Danke Dir für diese tiefen Einblicke. Wie wichtig ist denn Deiner Ansicht nach die Leidenschaft? Ist Leidenschaft wichtig, um Ziele zu erreichen?
David Mecey: Leidenschaft ist etwas, was immer brennen muss. Ohne Leidenschaft kommt man schnell (generell, nicht nur in der Fotografie) in negative Strömungen. Und die Leidenschaft für tolle Fotos von Frauen, die brennt weiterhin in mir. Ich habe tausende Frauen fotografiert und ich spüre in mir, dass ich immer neue Frauen fotografieren muss. – Ein gutes Beispiel ist vielleicht der Zeitpunkt, als ich den Playboy verlassen habe. Mehr als zwei Jahrzehnte lang wurden mir jede Woche neue Models „geliefert“. Und plötzlich war das vorbei. Dann stand ich da und habe überlegt, was ich nun machen soll. Doch viele Menschen verstehen diese Frage falsch. Für mich stand es außer Frage, über etwas komplett anderes nachzudenken. Im Gegenteil: Es war sonnenklar, dass ich weiterhin Frauen fotografieren werde. Aber ich brauchte ein Ziel, eine fixe Idee; etwas, das mich anspornt. Und daraus ist die Idee zu meinem Buch “Passion” entstanden. Ich wollte vieles anders machen (und das habe ich auch konsequent getan), aber dass ich mit meiner Kamera Frauen fotografieren würde, das stand nie zur Disposition.
SWAN Magazine: Ist das Leidenschaft, worüber Du gerade sprichst? Oder ist es nicht vielmehr der Aspekt, dass Du an Deine Arbeit immer wieder neue herausfordernde Aspekte angeknüpft hast, die Dir dabei geholfen haben, Dich selbst weiterzuentwickeln?
David Mecey: Ja, absolut. Das Buch war eine neue Herausforderung für mich. Warum? Weil ich als ersten Schritt entschied, nicht das Gleiche zu machen, was ich über Jahre hinweg beim Playboy gemacht hatte. Passion wurde also definiert durch die Dinge, die ich nicht machen wollte.
SWAN Magazine: Das ist extrem spannend für uns, David. Und ich sehe da eine gewisse Parallele. Als wir das SWAN Magazine konzipiert haben, war es für uns keine Frage, dass wir einen klaren Fokus auf Peoplefotografie haben wollten. Aber die Kernwerte des Magazins wurden erst dadurch richtig greifbar, als wir entschieden haben, was wir nicht tun: Keine Farbe, keine Werbung, keine Technik, keine reine Bilderschau – dafür immer mit Interviews und Backgroundstories, so wie wir heute eine gemeinsam im Interview entwickeln und in Ausgabe 04 abgedruckt ist. – Nochmal zu Deinen Zielen. Hast Du alle Deine Ziele erreicht? Und wenn nicht, gibt es ein altes Ziel, für das Du immer noch kämpfst, um es irgendwann zu erreichen?
David Mecey: Nein, ich habe längst nicht alle Ziele erreicht. Aber ich habe immer welche. Es gibt keine Zeit in meinem Leben ohne feste Ziele. So arbeite ich derzeit an dem Ziel, meine Autobiografie fertigzustellen. Darüber hinaus arbeite ich auch heute noch an dem Ziel, weiterhin ein erfolgreicher Fotograf zu sein – und das ist in meinem Alter wieder ein viel größeres Ziel, als es das vor 20 Jahren war. Aber das ist sowas wie Vorbestimmtheit. Ich werde das machen. Und ich habe auch direkt neue Aufträge, wenn ich zurück in die USA komme. Und dann möchte ich diese drei Photostories realisieren, über die wir bereits sprachen. Das sind keine ganz alten Ziele, aber Dinge, die ich schon lange in meinem Kopf hatte. Und unser Gespräch heute hat diese Ziele vor mir auf die Straße gelegt, damit ich sie aufheben und umsetzen kann.
SWAN Magazine: Eine verrückte Frage zwischendurch: Es gibt vermutlich nur wenige Menschen (wenn überhaupt), die mehr Frauen auf High Heels oder mit nackten Füßen abgebildet haben, als Du. Wie sieht es bei Dir aus: Hast Du jemals ein Shooting durchgeführt, bei dem Du selbst High Heels oder Barfüße hattest?
David Mecey: Nein, ich trage keine Absätze. Aber das ist ein interessanter Punkt. In meinen Augen gab es da einen Paradigmenwechsel in den letzten Jahren. Und ich mag das Wort Paradigmenwechsel in diesem Zusammenhang. Bei Hugh Heffner mussten alle Models High Heels tragen. Es ging nicht ohne. Aber jetzt kommen Barfüße immer mehr. Und das spannende daran ist, dass nicht nur Männer gerne Frauen barfuß sehen, sondern auch Frauen lieben es, barfüßig herumzulaufen. Mein Model bei meiner letzten Workshoptour zog überall wo wir ankamen, als allererstes die Schuhe aus. Ich habe kein einziges Foto von ihr gemacht, auf dem sie Schuhe trägt. Nicht einmal, wenn ich ein Portrait von ihr schieße, trägt sie Turnschuhe. Sie fühlt sich wohl mit nackten Füßen und sie weiß ganz genau, dass sie damit bei den Herren Punkte sammelt. Für mich ist es ok, wenn ein Model barfuß zum Set kommt. Für mich ist es nur wichtig, den aktuellen Spirit von Sexiness zu treffen. Und das geht heutzutage auch ohne Schuhe. – Das Wichtigste aber ist, dass ich das Model selbst sexy fühlt. Denn das zeigt sich am Ende in jedem Foto – ob die Füße mit auf dem Bild sind oder nicht!
SWAN Magazine: Wenn man Deine Fotokunstwerke anschaut, so sieht man Glamour überall. Dein ganzes Leben sieht (von außen betrachtet) wie eine einzige Erfolgsstory aus. Hast du mit Ausnahme Deines Motorradunfalls am Anfang Deiner Fotografenkarriere keine schlechten Zeiten erlebt?
David Mecey: Oh. Ich habe sehr viele schlechte Zeiten erlebt. Die strategische Änderung beim Playboy zum Beispiel war für mich eine sehr schwere Zeit – und schlussendlich der Auslöser, warum ich Playboy verlassen habe. Auch meine lange Krankheit von 2016 bis 2018 war eine harte Zeit für mich. Für mich sind Rückschläge wie diese immer ein Grund dazu, zurückzublicken und mein Schaffen kritisch zu bewerten. Und oft entsteht daraus etwas Neues. Ich versuche natürlich, mich mehr an den guten Zeiten zu erfreuen, als die schlechten Zeiten wie einen dauerhaften Ballast anzusehen. Ich mag negatives Gedankengut in meinem Leben nicht. Darum arbeite ich stets hart an den positiven Dingen.
SWAN Magazine: Seit jedes Smartphone Fotos machen kann, ist Fotografie in jedem Haushalt zuhause. Was denkst Du über diese Veränderung? War es nicht besser, als man noch einen Film und eine klassische Kamera benöigte, um überhaupt Fotos schießen zu können?
David Mecey: Gut, diese Veränderung hat erstmal die Welt der Fotografie für viele Millionen Menschen zugänglich gemacht. Aber ich denke nicht, dass es die Fotografie besser gemacht hat. Smartphone-Fotografie erleichtert den Zugang zur professionellen Fotografie. Aber kein Mensch, der nur mit einem Smartphone fotografiert, sollte sich Profifotograf nennen. Das sage ich nicht, weil ich denke, dass man mit Smartphones keine tollen Fotos machen kann, sondern weil der kreative Prozess des Fotografierens beim Smartphone einfach zu kurz kommt. Im richtigen Moment abzudrücken ist einfach etwas anderes, als das richtige Setup bewusst zu konstruieren, um das gewünschte Bild mit allen Details erschaffen zu können.
SWAN Magazine: In Europa gibt es viele Menschen, die ihr persönliches Glück in der Fotografie suchen. Was ist Deine Empfehlung für diese Menschen?
David Mecey: Ich glaube fest daran, dass Menschen ihr eigenes Glück beeinflussen können. Es ist -auch ohne großen Namen- möglich, ein ganz großer Fotograf zu werden. Das bedeutet einfach nur, dass man in seinem Fachbereich sehr konsistent sein muss. Und man muss einfach der Beste sein für etwas. Und man muss natürlich täglich daran arbeiten, besser zu werden. Der nächste Schritt ist dann, Orte zu finden, wo Menschen die Kunstwerke anschauen, sich später daran erinnern und diese Arbeiten in ihr Herz aufnehmen können. Das ist aber nicht Glück. Sondern es ist mehr das Ergebnis von dem, was man selbst auf die Beine stellt. Ein Profifotograf braucht ein klares Profil. Dazu braucht man ein ganz konsistentes Profil im Markt. Fotografen, die heute Häuser, morgen Landschaften und übermorgen Menschen fotografieren, können sich gerne Profifotograf nennen. Aber sie sind es nicht! Als Profi muss man in der Lage sein, gute Ergebnisse auch an anderen Orten wieder zu reproduzieren. Und das ist nicht eine Frage der Technik.
SWAN Magazine: Das heisst, Du empfiehlst jedem Fotografen, der gerne Profi werden möchte und davon leben möchte, täglich zu fotografieren?
David Mecey: Nein! Man muss sicherlich oft fotografieren, um Erfahrung sammeln zu können und laufend besser zu werden. Aber in erster Linie heisst es, Fotografie zu studieren, Tag für Tag. Man muss darüber lesen, Bücher anschauen, Magazine durcharbeiten. Der Anfang des Erfolgs ist das Verständnis darüber, was eine künstlerisch wertvolle Fotografie so wertvoll macht und was sie von der Masse unterscheidet.
SWAN Magazine: Was sagst Du zum Thema Druck? Brauchen wir -in diesen digitalen Zeiten- noch gedruckte Bilder?
David Mecey: Oh, absolut! Ich predige förmlich darüber, wie wichtig Print ist. Ich tue das in Workshops, auf Veranstaltungen und auch auf Social Media. Es ist etwas komplett anderes, ein großes Bild an der Wand hängen zu haben. Ein einziges Bild an der Wand ist wertvoller als 10.000 Bilder auf einer Festplatte! Gedruckte Bilder sind sehr wichtig für mich. Und für die Fotografie im Allgemeinen auch.
SWAN Magazine: Eine Frage zum Thema Urlaub. Nimmst Du Deine Kamera mit?
David Mecey: Nein. Das wäre ja so, als ob ich mein Büro mit in den Urlaub nähme. Genau davon will ich doch Abstand gewinnen im Urlaub.
SWAN Magazine: Eine letzte Frage. Stelle Dir vor, eine Dir unbekannte Person kommt auf Dich zu und möchte als Fotograf starten. Ohne Vorkenntnisse, ohne Ausstattung, aber mit vor Leidenschaft funkelnden Augen für die Fotografie. Was würdest Du diesem Menschen zum Kauf empfehlen, damit der Traum vom erfolgreichen Fotografen aufgehen kann?
David Mecey: Ich würde empfehlen, Bücher von alten Fotomeistern zu kaufen und diese in sich aufzusaugen. Nicht einfach nur durchblättern, sondern intensiv studieren. Und das ist ganz wichtig, dass man dies tut, bevor man überhaupt darüber nachdenkt, eine Kamera zu kaufen. Ich würde die großen Fotografen der 60er, 70er und 80er Jahre empfehlen. Die Menschen sollten erst lesen und verstehen, wie diese Kunstwerke entstanden sind, bevor sie sich mit der Technik beschäftigen. Und bei der Technik selbst ist es keine Frage des Kameraherstellers mehr. Es ist wichtiger, eine Kamera zu besitzen, die zu dem Fachgebiet des Nutzers passt.
SWAN Magazine: Vermisst Du noch eine Frage, die wir unbedingt stellen müssen, um Dich bestmöglich vorstellen zu können?
David Mecey: Nein. Ich sage DANKE. Danke dir für deine Zeit und danke an das gesamte SWAN Team. Das Interview hat sehr viel Spaß gemacht! Wenn ich darf, würde ich zum Schluss noch eine lustige Story erzählen wollen.
SWAN Magazine: Sehr gerne.
David Mecey: 1974/1975 habe ich Autos fotografiert. Muscle Cars, Drag Cars. Das war gross in Mode in den USA. Und ich habe alle diese Autozeitungen gelesen. Und so kannte ich auch die Namen der Fotografen. Und einmal, als ich selbst wieder auf der Suche nach dem ultimativen Foto war, hörte ich, dass mein Hero (ein international bekannter Autofotograf) persönlich vor Ort ist, um Fotos zu machen. Also lief ich rum, um ihn zu treffen. Und dann habe ich ihn getroffen. Ich war so aufgeregt und erfreut zugleich. Und ich habe extra gewartet, um einen Zeitpunkt zu nutzen, an dem er etwas Zeit für mich haben könnte. Und als das Rennen kurzzeitig unterbrochen wurde, war meine Zeit gekommen und ich bin auf ihn zugegangen. Ich habe ihn ganz höflich angesprochen und gesagt: „Mister, I really love your work. Your photos inspire me. Can you tell me what film do you use?” Er stocherte weiter in seiner Tasche rum und schaute mich nicht an. Sagte aber “What?”. Und ich antwortete: “What kind of film do you prefer? Is there a special one that you often use?” Und er sagte “Ich habe keine Zeit für sowas. Was um Himmels willen willst du hier?“ – Ich war demoralisiert. Am Boden zerstört. Mein Hero hatte mich einfach mit Worten weggestoßen! Mich, als wissbegierigen und freundlichen Fan seiner Arbeit. Ich weiß noch genau, wie ich da stand. Erst habe ich mir die Frage gestellt, ob das einer der umstehenden Menschen mitbekommen hatte. Dann habe ich zum Himmel geschaut. Und ich schwöre, dass es so war. Da habe ich einen Satz zu Gott gesagt: „Wenn ich jemals ein erfolgreicher Fotograf werden sollte, dann lass mich niemals so reagieren, wie mein Hero.“ – Und das ist der Grund, warum ich heute tue, was ich tue. Und es ist der Grund, warum ich Workshops gebe. Ich brenne dafür, mein Wissen zu teilen. Für die Kunst. Für die Fotografie. Für das Gute im Menschen.
Die Ausgabe 04 des SWAN Magazines enthält den Hauptteil des Interviews mit David Mecey. Seine Art zu denken und zu handeln ist sehr inspirierend und hat bereits viele Leser begeistert. Da David Amerikaner ist und selbst kein Deutsch spricht, haben wir mit ihm vereinbart, eine limitierte Sonderauflage der Ausgabe 04 auch auf englisch zu produzieren. Diese ist ab sofort verfügbar und im SWAN Onlineshop bestellbar.